23.10.2008 Sicherheitsrecht

VwGH: Waffenverbot iVm Anordnung einer Gutachtenserstellung hinsichtlich Gefährdung - Weigerung als Verletzung der Mitwirkungspflicht?

Für die Anordnung einer (ärztlichen oder psychologischen) Begutachtung des Betroffenen sind keine allzu hohen Anforderungen in Bezug auf die Umstände, die eine solche Anordnung gerechtfertigt erscheinen lassen, zu stellen


Schlagworte: Waffenrecht, Waffenverbot, missbräuchliche Verwendung einer Waffe, Gutachten, Mitwirkungspflicht
Gesetze:

§ 12 WaffG

GZ 2005/03/0110, 03.09.2008

VwGH: Nach stRsp dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (das ist eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung iSd § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gem § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen.

Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist nicht restriktiv auszulegen. Es kommt nicht darauf an, dass die so qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen durch die vom Waffenverbot betroffene Person selbst erfolgt.

Im Fall des § 12 WaffG kann - ebenso wie im Fall des § 25 Abs 2 erste Alternative leg cit - dem Betroffenen die Beibringung eines Gutachtens nicht mit einer dem § 8 Abs 6 WaffG entsprechenden Wirkung aufgetragen werden, sondern die Behörde hat entweder sogleich oder im Fall der Nichtvorlage eines Gutachtens durch den Betroffenen von Amts wegen einen entsprechenden Sachverständigen zu bestellen und selbst mit der Erstellung eines Gutachtens zu betrauen. Wirkt der Betroffene dann nicht entsprechend mit, kann die Behörde diesen Umstand - auch in einem Verfahren nach § 12 WaffG - zum Nachteil des Betroffenen würdigen.

Um eine ärztliche Untersuchung und Gutachtenserstellung anordnen und die Weigerung, sich einer solchen zu unterziehen, als Verletzung der Mitwirkungspflicht würdigen zu können, bedarf es bestimmter Anhaltspunkte dafür, dass vom Betroffenen eine Gefährdung iSd § 12 WaffG ausgehen könnte. Wie der VwGH zu § 25 Abs 2 zweiter Satz WaffG festgehalten hat, bedarf es für ein Vorgehen nach dieser Gesetzesstelle lediglich des Vorliegens von "Anhaltspunkten" und nicht von "Tatsachen" iSd § 8 Abs 1 WaffG und es sind an die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens zwecks Überprüfung der Verlässlichkeit keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Aufgrund des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses im Waffenrecht generell anzulegenden strengen Maßstabes gilt dies auch für den hier vorliegenden Fall des § 12 WaffG, sodass für die Anordnung einer (ärztlichen oder psychologischen) Begutachtung des Betroffenen keine allzu hohen Anforderungen in Bezug auf die Umstände, die eine solche Anordnung gerechtfertigt erscheinen lassen, zu stellen sind.

Nach Auffassung des VwGH reichten die angeführten Umstände (übersteigerte Angst vor aus Tschechien oder Polen stammenden Einbrechern, jederzeitiges Bereithalten einer geladenen Waffe, Hängenlassen eines Gewehres an der Wand sowie Aufbewahrung einer weiteren geladenen Waffe in einem unversperrten Nachtkästchen) als Anhaltspunkte für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen dahin, ob vom Beschwerdeführer eine Gefährdung iSd § 12 Abs 1 WaffG ausgehen könnte, aus. Zwar kann aus der Tatsache der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung einer Waffe allein nach der Rechtsprechung des VwGH noch nicht auf eine missbräuchliche Verwendung geschlossen werden, doch steht dies einer Berücksichtigung der (nicht sorgfältigen) Aufbewahrung von Waffen als eine "bestimmte Tatsache" iSd § 12 Abs 1 WaffG im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht entgegen.