16.12.2010 Strafrecht

OGH: Bedingte Entlassung im Fall mehrerer gem § 46 Abs 5 StGB zusammenzurechnender Strafen und Widerruf nach § 53 Abs 1 StGB

Im Fall einer bedingten Entlassung aus mehreren Strafen, Strafteilen oder Strafresten (§ 46 Abs 5 StGB) bezieht sich die Anordnung des § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB ausschließlich auf den Teil der bedingten Entlassung, der den unbedingten Strafteil einer teilbedingten Freiheitsstrafe betrifft, bewirkt aber nicht, dass ein Widerruf der bedingten Entlassung in Bezug auf die weiteren Strafen, auf den sie sich bezieht, ebenfalls von der Frage des Widerrufs des ursprünglich bedingt nachgesehenen Teils der teilbedingten Freiheitsstrafe abhängt


Schlagworte: Bedingte Entlassung, mehrere Freiheitsstrafen, Strafteile oder Strafreste, Widerruf
Gesetze:

§ 46 Abs 5 StGB, § 53 Abs 1 StGB

GZ 15 Os 74/10m, 11.08.2010

OGH: § 46 Abs 5 StGB normiert nach dem klaren Wortlaut bloß eine Zusammenrechnungsregel für den Zeitpunkt der bedingten Entlassung, ohne hingegen zu bewirken, dass durch den nacheinander erfolgenden Vollzug (oder einen anderen im Gesetz angeführten Grund für diese Zusammenrechnung) eine eigene "Gesamtstrafe" sui generis entsteht. Demgemäß erfolgt eine bedingte Entlassung in den Fällen des § 46 Abs 5 StGB auch nicht aus einer solchen "Gesamtstrafe", sondern gegebenenfalls aus mehreren Strafen, Strafteilen oder Strafresten.

Von einer bedingten Entlassung aus einer Strafe kann begrifflich nur solange die Rede sein, als diese Strafe nicht bereits zur Gänze verbüßt wurde, ist doch in letztem Fall der Verurteilte ohne Bedingung zu entlassen (§ 148 Abs 1 StVG).

Eine bedingte Entlassung im Fall mehrerer gem § 46 Abs 5 StGB zusammenzurechnender Strafen kann daher - ungeachtet der rechnerischen Berücksichtigung auch der zum Entlassungszeitpunkt bereits zeitlich verbüßten Strafen - nur aus denjenigen Strafen erfolgen, die noch "entlassungsfähig", somit noch nicht (zur Gänze) verbüßt sind.

§ 53 Abs 1 zweiter Satz StGB normiert: "Die bedingte Nachsicht des Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil können nur gemeinsam widerrufen werden."

Im Fall einer bedingten Entlassung aus mehreren Strafen, Strafteilen oder Strafresten (§ 46 Abs 5 StGB) bezieht sich die Anordnung des § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB ausschließlich auf den Teil der bedingten Entlassung, der den unbedingten Strafteil einer teilbedingten Freiheitsstrafe betrifft, bewirkt aber nicht, dass ein Widerruf der bedingten Entlassung in Bezug auf weitere von ihr umfasste Strafen ebenfalls von der (damit in keinem Zusammenhang stehenden) Frage des Widerrufs des ursprünglich bedingt nachgesehenen Teils der teilbedingten Freiheitsstrafe abhängt.

Im konkreten Fall erfolgte - in Hinblick auf die zum Entlassungszeitpunkt bereits vorliegende Verbüßung des unbedingten Teils der zu AZ 14 Hv 26/09p des LG Leoben verhängten Freiheitsstrafe - die bedingte Entlassung zu AZ 31 BE 76/09m des LG Leoben somit der Sache nach ausschließlich aus der (noch nicht verbüßten) zweimonatigen Freiheitsstrafe zu AZ 11 Hv 159/07x des LG Leoben, sodass sich auch der gegenständlich angefochtene Widerrufsbeschluss auf nichts anderes beziehen konnte.

Der somit einzig in Bezug auf die (noch unverbüßte) zweimonatige Freiheitsstrafe zu AZ 11 Hv 159/07x des LG Leoben erfolgte Widerruf war daher nicht von einem gleichzeitigen Widerruf des bedingt nachgesehenen Strafteils zu AZ 14 Hv 26/09p des LG Leoben abhängig, weshalb eine Verletzung des § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB nicht vorliegt.