OGH: Ausschlaggebend für die fahrlässige Unkenntnis eines Anfechtungsgegners sind die zur Verfügung stehenden Auskunftsmittel, die er in zumutbarer Weise heranziehen hätte können und ihre ordnungsgemäße Auswertung
§§ 28, 30, 31 KO
In seiner Entscheidung vom 01.09.2005 zur GZ 2 Ob 185/03z hatte sich der OGH mit der Nachforschungspflicht bei drohender Zahlungsunfähigkeit auseinander zusetzen:
Der Kläger ist MV der Gemeinschuldnerin; der Konkurs wurde am 13.6.2000 eröffnet. Am 2.6.2000 (13 Tage vor Fälligkeit) sind von den GF der Gemeinschuldnerin Umsatzsteuer und Lohnabgaben an die Beklagte bezahlt worden. Bereits vor Konkurseröffnung berichteten die führenden Zeitungen über die drohende Insolvenz. Der Kläger begehrt nunmehr Rückzahlung dieser Beträge an die Masse. Am 28.5.2000 wurde eine vertrauliche Insolvenzliste, in der von Sanierungsbemühungen die Rede war, auch an die Beklagte versandt. Der OGH führte dazu aus: Die Beklagte habe aufgrund der massiven Medienberichte ihre Erkundigungspflicht verletzt; für Finanzämter gelte diesbezüglich ein strengerer Maßstab, da sie mehr Möglichkeiten zur Bonitätsprüfung haben. Ein Anruf beim KSV oder der Gemeinschuldner selbst hätte ausgereicht, um zu erkennen, dass eine allfällige Insolvenz drohe. Der Beklagten sei daher die fährlässige Unkenntnis (leichte reicht) der Zahlungsunfähigkeit und der Begünstigungs- und Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin vorzuwerfen. Auch die Zahlung der Lohnsteuer (an sich eine Schuld des Arbeitnehmers) stellt eine anfechtbare Zahlung iSd § 28 Z 2 KO dar, da es sich dabei um eine "Rechtshandlung" gegenüber der Beklagten handle (eine Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners werde nicht gefordert).