OGH: Ein Kläger, der in einem Mitgliedstaat eine Klage gegen einen in diesem Staat wohnhaften Erstbeklagten und einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweitbeklagten erhebt, kann sich auch dann auf Art 6 Nr 1 EuGVVO berufen, wenn die Klage gegen den Erstbeklagten schon zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nach nationalem Recht unzulässig ist
Art 6 Nr 1 EuGVVO, § 6 KO
In seinem Beschluss vom 11.08.2006 zur GZ 9 Ob 89/06p hat sich der OGH mit dem Wahlgerichtsstand für Streitgenossen gemäß Art 6 Nr 1 EuGVVO und der Frage befasst, ob die Klageführung gegen den Gemeinschuldner den für die Klage gegen die in Deutschland ansässige Beklagte in Anspruch genommenen Gerichtsstand nach Art 6 Nr 1 EuGVVO begründet, obwohl die gegen den Gemeinschuldner erhobene Klage schon im Zeitpunkt ihrer Einbringung nach nationalem Recht (§ 6 KO) unzulässig war:
OGH: Art 6 Nr 1 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass sich ein Kläger, der in einem Mitgliedstaat eine Klage gegen einen in diesem Staat wohnhaften Erstbeklagten und einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweitbeklagten erhebt, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens auch dann auf diese Bestimmung berufen kann, wenn die Klage gegen den Erstbeklagten schon zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nach nationalem Recht unzulässig ist.
Art 6 Nr 1 EuGVVO kann jedoch nicht so ausgelegt werden, dass es danach einem Kläger erlaubt wäre, eine Klage gegen mehrere Beklagte allein zu dem Zweck zu erheben, einen von diesen der Zuständigkeit der Gerichte seines Wohnsitzstaats zu entziehen.
Von einer gegen das "Missbrauchsverbot" verstoßenden Klageführung kann nur dann gesprochen werden, wenn dem Kläger die Klage gegen den Gemeinschuldner eingebracht hätte, obwohl er von der Eröffnung des Konkurses über dessen Vermögen (und damit von der Unzulässigkeit der Klageführung) gewusst hätte, wobei bloße Fahrlässigkeit des Klägers den Vorwurf der missbräuchlichen Klageführung nicht rechtfertigen kann.