OGH: Ausführungen zum Wahlgerichtsstand iSd Art 5 Nr 3 EuGVVO iZm einem falsus procurator
Art 5 Nr 3 EuGVVO
In seinem Beschluss vom 03.05.2007 zur GZ 1 Ob 74/07z hat sich der OGH mit dem Wahlgerichtsstand iSd Art 5 Nr 3 EuGVVO befasst:
Die Klägerin begehrte vom Beklagten unter Berufung auf Art 8 Nr 11 der 4. EVHGB die Zahlung des Klagebetrags samt Zinsen und brachte dazu im Wesentlichen vor, der Beklagte sei im Namen einer nicht exakt bezeichneten Gesellschaft aufgetreten und habe für diese bei der Klägerin Waren bestellt. Da der Beklagte wegen der mangelnden Existenz der angeblich von ihm vertretenen Käuferin als falsus procurator Schadenersatz in Höhe des Erfüllungsinteresses zu leisten habe, komme der Klägerin der Gerichtsstand gem Art 5 Nr 3 EuGVVO zugute.
Dazu der OGH: Zur Begründung der Zuständigkeit des Erstgerichts hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Haftung als falsus procurator den Gerichtsstand nach Art 5 Nr 3 EuGVVO herangezogen, dessen Anknüpfungsvoraussetzungen autonom zu bestimmen sind. Zur vorvertraglichen Haftung wegen Verstoßes gegen Rechtsgrundsätze für Vertragsverhandlungen hat der EuGH eine Einordnung als Ansprüche aus "unerlaubter Handlung" vertreten. Fehle eine von einer Partei gegenüber einer anderen bei Vertragsverhandlungen freiwillig eingegangene Verpflichtung und liege möglicherweise ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften, namentlich diejenigen, wonach die Parteien bei diesen Verhandlungen nach Treu und Glauben handeln müssen, vor, so bilde bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend gemacht werde, eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer solchen unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, iSv Art 5 Nr 3 des (damals) EuGVÜ.
Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", hat der EuGH wiederholt Stellung genommen. Danach hat der Kläger die Wahl, den Beklagten entweder an jenem Ort zu verklagen, an dem der reale Schaden eingetreten ist, oder an jenem, an dem das für die Auslösung einer Schadenersatzpflicht in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat. Hier hat die Klägerin die Haftung des Beklagten damit begründet, er habe ihr gegenüber telefonisch unrichtige Erklärungen abgegeben, die die Klägerin dazu veranlasst hätten, von einem wirksamen Vertragsabschluss mit einer OHG auszugehen. Da derartige Erklärungen erst dann rechtlich bedeutsam werden, wenn sie dem vorgesehenen Erklärungsempfänger zugehen, muss wohl davon ausgegangen werden, dass das schädigende Ereignis am Ort der Niederlassung der Klägerin stattgefunden hat, auch wenn sich der Beklagte bei dem betreffenden Telefongespräch vermutlich in Deutschland befunden haben wird. Aber auch eine Anknüpfung an den Ort, an dem der Schaden real eingetreten ist, führt zur Niederlassung der Klägerin. Diese hat ja nach ihren Behauptungen im Vertrauen auf die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die Ware abgesandt und damit die Verfügungsmacht darüber verloren.