31.07.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Bindungswirkung einer Vorabentscheidung durch den EuGH

Die österreichischen Gerichte sind an die in einem Urteil des EuGH festgelegten tragenden Gründe einer Vorabentscheidung gebunden


Schlagworte: Vorabentscheidung, Bindungswirkung, tragende Gründe
Gesetze:

Art 117 EGV, Art 234 EGV

GZ 1 Ob 26/08t, 06.05.2008

Im gegenständlichen Verfahren geht es um den Transport von Tiermehl mittels Schiffsbeförderung, wobei dieses Schiff durch die österreichischen Zollbehörden festgehalten wurde, weil es sich bei Tiermehl um als Sonderrisikomaterial zu qualifizierenden Abfall handle. Konkret geht es nun um Schadenersatzforderungen für diese als rechtswidrig behauptete Anhaltung, weil tatsächlich kein Abfall, sondern ein Werkstoff vorgelegen habe. Der maßgebliche Bescheid des Umweltministeriums nannte allerdings einen falschen Bescheidadressaten, wurde jedoch dem von dieser Entscheidung tatsächlich Betroffenen zugestellt. Dem hält die Beklagte entgegen, dass eine für die grenzüberschreitende Verbringung erforderliche Bewilligung gefehlt habe. Im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens wurde vom EuGH festgestellt, dass Tiermehl nur dann nicht als Abfall zu qualifizieren ist, wenn es sonderrisikomaterialfrei ist und als Rohstoff dienen soll. Im Verfahren selbst wurde nicht festgestellt, ob das gegenständliche Tiermehl kontaminiert war oder nicht.

OGH: Die Beweispflicht dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre, trifft den rechtswidrig handelnden Schädiger, weshalb der beklagten Partei der Nachweis obliegt, dass zu Recht bescheidmäßig ausgesprochen wurde, dass es sich bei dem Tiermehl um notifizierungspflichtigen Abfall handelte. Die in einem Vorabentscheidungsverfahren festgestellten Entscheidungsgründe entfalten gegenüber österreichischen Gerichten Bindungswirkung. Die Verordnung 1774/2002 legt keine generelle Verpflichtung zur Vernichtung von Tiermehl fest, soweit es kein Sonderrisikomaterial enthält. Die Prüfung, ob das Tiermehl als Abfall einzustufen ist oder nicht, hat bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu erfolgen.