30.10.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob die erfolgreiche Anfechtung einer Zession nach der KO während eines bereits anhängigen Prozesses zwischen dem Zessionar und dem Zessus auf Zahlung der abgetretenen Forderungen einen Fall des § 234 ZPO darstellt

Da von § 234 ZPO nicht nur willkürliche (Voll-)Rechtsübertragungen, sondern alle Formen des Rechtszuständigkeitswechsels umfasst sein sollen, stellt auch die erfolgreiche Anfechtung einer Zession während des bereits vor Rechtskraft des Rechtsgestaltungsurteils anhängigen Prozesses zwischen dem Zessionar und dem Zessus einen Fall des § 234 ZPO dar


Schlagworte: Konkursrecht, Anfechtung, Zession, abgetretene Forderung
Gesetze:

§ 234 ZPO

GZ 7 Ob 49/08v, 09.07.2008

OGH: § 234 ZPO dient sowohl dem Kläger- als auch dem Beklagtenschutz. Seine Aufgabe liegt primär in einem Schutz der Gegenseite des Veräußerers vor einem Verlust effektiven Rechtsschutzes und einem Wertloswerden des bisherigen Verfahrensaufwands unter Vermeidung von ungerechtfertigten Mehrfachprozessen. Darüber hinaus dient § 234 ZPO aber auch einer Erhaltung der freien Verfügungsmöglichkeit des Klägers über den eingeklagten Anspruch. § 234 ZPO stellt nach der herrschenden Irrelevanztheorie insofern eine Ausnahme gegenüber § 406 ZPO dar, als für die Frage der Aktivlegitimation und Passivlegitimation der Zeitpunkt der Streitanhängigkeit entscheidet, während für die anderen Entscheidungsgrundlagen der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgeblich bleibt. Grundsätzlich ist daher auf eine Zession während eines anhängigen Rechtsstreits nicht Rücksicht zu nehmen, sondern in der Sache so zu entscheiden, als ob die Zession überhaupt nicht erfolgt wäre. § 234 ZPO ist nach der Rechtsprechung nicht nur auf die vom Gesetz genannte "Veräußerung" anzuwenden, sondern auch auf jede Art von Einzelrechtsnachfolge. So fallen unter § 234 ZPO nicht nur die Einzelrechtsnachfolge kraft Vertrags oder Gesetzes, sondern auch Rechtsübergänge aufgrund richterlicher Verfügung.

Bei der Anfechtung einer Zession tritt einerseits nur eine relative Unwirksamkeit, nämlich den Gläubigern des Gemeinschuldners gegenüber, ein, andererseits liegt keine willentliche Rechtsübertragung vor, sondern es lebt nur den Gläubigern des Gemeinschuldners gegenüber wieder jene Rechtsposition auf, wie sie vor der angefochtenen Zession bestanden hat. Da von § 234 ZPO nicht nur willkürliche (Voll-)Rechtsübertragungen, sondern alle Formen des Rechtszuständigkeitswechsels umfasst sein sollen, stellt auch die erfolgreiche Anfechtung einer Zession während des bereits vor Rechtskraft des Rechtsgestaltungsurteils anhängigen Prozesses zwischen dem Zessionar und dem Zessus einen Fall des § 234 ZPO dar. Die Irrelevanztheorie kann hier aber nur soweit wirken, als - wie auch im Fall des § 308 EO - das Klagebegehren von Leistung an den Zessionar auf Leistung an den Masseverwalter bzw gerichtlichen Erlag umzustellen ist.