18.12.2008 Verfahrensrecht

OGH: Analoge Anwendung der §§ 125 ff AußStrG 1854 auch dann, wenn Partei keine erbrechtlichen Ansprüche gegen die Verlassenschaft erhoben hat?

Die §§ 125 ff AußStrG 1854 sind nur dann analog anzuwenden, wenn es sich um Streitigkeiten von (behaupteten) Erbberechtigten, Noterben, Vermächtnisnehmern etc aus dem anhängigen konkreten und nicht eines vorhergehenden und schon lange abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahrens handelt


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Verlassenschaftsverfahren, widersprechende Erbserklärungen, keine erbrechtlichen Ansprüche gegen Verlassenschaft
Gesetze:

§§ 125 ff AußStrG 1854

GZ 3 Ob 120/08f, 03.09.2008

OGH: Gem § 125 erster Satz AußStrG 1854 hat das Gericht, wenn zu dem nämlichen Nachlasse mehrere Erbserklärungen angebracht werden, welche miteinander im Widerspruche stehen, zwar alle anzunehmen, aber nach Vernehmung der Parteien zu entscheiden, welcher Teil gegen den anderen als Kläger aufzutreten habe. Inhaltlich geht es somit um die Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit. § 126 Abs 2 AußStrG 1854 soll die Zuteilung der Klägerrolle nur für den Fall widersprechender Erbserklärungen aufgrund gleichrangiger Erbrechtstitel regeln.

Der OGH sprach zwar wiederholt aus, dass die Anwendung der §§ 125 ff AußStrG 1854 nicht auf die Fälle widersprechender Erbserklärungen beschränkt sei, sondern in analoger Anwendung ganz allgemein Platz zu greifen habe, wenn es sich um solche widerstreitenden Standpunkte der in Betracht kommenden Parteien handelt, von deren Lösung die Fortsetzung und Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens abhängt. Das Verfahren nach §§ 125 ff AußStrG 1854 wurde für zulässig erklärt bei Streit, ob ein Nachvermächtnis auf den Überrest oder ein reines Nachvermächtnis vorliegt, ob eine gewöhnliche fideikommissarische Substitution vorliege oder eine solche bloß auf den Überrest, ob eine angeordnete Substitution, etwa wegen Beisetzung einer unerlaubten, unsittlichen oder unmöglichen Bedingung ungültig ist oder nicht, bei Streit bloß über Umfang oder die Art der Rechte auf die Nacherbschaft, im Streit zwischen Vor- und Nacherben über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Nacherbschaft, um deren Umfang, oder eines Streites betreffend ein Nachvermächtnis oder eine den Substituten nach §§ 707 bis 709 ABGB gleichgestellte Anordnung, ob überhaupt ein Nachlegat angeordnet wurde, allgemein im Streit über die Wirksamkeit und das Ausmaß einer fideikommissarischen Nacherbschaft. Alle diese genannten Fälle mit der dort jeweils für zulässig angesehenen Anwendung der §§ 125 ff AußStrG 1854 waren aber dadurch gekennzeichnet, dass es sich stets um Streitigkeiten von (behaupteten) Erbberechtigten, Noterben, Vermächtnisnehmern etc aus dem anhängigen konkreten und nicht eines vorhergehenden und schon lange abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahrens handelte.