04.06.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Berücksichtung eines Zwangsausgleichs im Zivilprozess

Aufgrund des im Zivilprozess geltenden Dispositionsgrundsatzes kann ein Zwangsausgleich nur auf Einwand des Schuldners berücksichtigt werden


Schlagworte: Insolvenzrecht, Zwangsausgleich, Berücksichtigung im Zivilprozess
Gesetze:

§ 156 KO

GZ 7 Ob 42/09s, 30.03.2009

OGH: Gem § 156 Abs 1 KO wird der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich von der Verbindlichkeit, den Konkursgläubigern den Ausfall zu ersetzen, befreit. Der Umfang der Befreiung hängt vom Inhalt des Zwangsausgleichs ab. Der Schuldner muss daher seine Verbindlichkeit nur nach Maßgabe des Zwangsausgleichsinhalts erfüllen. Dies hat folgende prozessuale Konsequenzen: Nach nunmehr stRsp ist hinsichtlich des die Ausgleichsquote übersteigenden Teils der Forderung eine Leistungsklage vor Wiederaufleben der Forderung nicht möglich. Der im Zwangsausgleich erlassene Forderungsteil wird zur unklagbaren Naturalobligation. Dem Urteil im Erkenntnisverfahren ist die Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugrunde zulegen. Die bloße Möglichkeit, dass es künftig zu einem Wiederaufleben des erlassenen Forderungsteils kommen könnte, kann im Titelverfahren nicht berücksichtigt werden.

Daraus, dass die rechtskräftige Bestätigung des Zwangsausgleichs nur materiell-rechtliche Auswirkungen auf die durch den Zwangsausgleich betroffenen Forderungen hat, ist abzuleiten, dass aufgrund des im Zivilprozess geltenden Dispositionsgrundsatzes ein Zwangsausgleich nur auf Einwand des Schuldners berücksichtigt werden kann. Das gilt auch dann, wenn dem Gericht der Abschluss des Zwangsausgleichs bekannt ist. Folgt man der herrschenden Ansicht, dass der die Quote übersteigende Forderungsteil als Naturalobligation bestehen bleibt, so ist erst recht davon auszugehen, dass es in die Disposition des Schuldners gelegt ist, ob er sich im Prozess auf den Zwangsausgleich berufen will.