29.12.2009 Verfahrensrecht

OGH: Vornahme der Versteigerung trotz Unterlassung der Verständigung des Verpflichteten?

Die Vornahme der Versteigerung trotz Unterlassung der Verständigung des Verpflichteten ist rechtswidrig


Schlagworte: Exekutionsrecht, Versteigerung, Verständigung, Versteigerungsedikt, Zustellung
Gesetze:

§ 272 EO, § 273 ZPO, § 175 ZPO

GZ 1 Ob 152/09y, 13.10.2009

OGH: Bei der Anordnung von Verfügungen über verwahrte Sachen nach § 401 EO ist das Gericht in der Auswahl der notwendigen bzw nützlichen Anordnungen nicht beschränkt, sodass es nach seinem Ermessen das nach der Beschaffenheit des Falls Erforderliche unter tunlichster Berücksichtigung der Rechte des Eigentümers bestimmen kann. Im vorliegenden Fall erachtete das LG als Schöffengericht die öffentliche Versteigerung nach den Bestimmungen der EO als zweckentsprechend und brachte dies in seinem Beschluss vom 4. Juni 2005 unmissverständlich zum Ausdruck, indem es das BG als Exekutionsgericht ersuchte, die angeführten Gegenstände nach den Bestimmungen der EO zu verwerten. Demnach hatte der zuständige Organwalter die Versteigerung unter Beachtung der das Versteigerungsverfahren regelnden Bestimmungen der EO vorzunehmen. Zu diesen zählt unzweifelhaft § 272 Abs 2 EO, nach dem der Verpflichtete und die betreibenden Gläubiger vom Versteigerungstermin und Versteigerungsort durch Zustellung einer Ausfertigung des Edikts zu verständigen sind. Eine Verständigung hätte nur unterbleiben können, wenn dem Verpflichteten (= Kläger) bereits bei der Pfändung der Versteigerungstermin bekanntgegeben worden wäre (§ 272 Abs 2 letzter Satz). Diese Voraussetzung lag nicht vor. War dem BG der Aufenthaltsort des Klägers nicht bekannt, hätte dies zu entsprechenden amtswegigen Erhebungen (etwa einer Nachfrage beim LG als Schöffengericht) führen müssen. War die Abgabestelle allenfalls nicht ermittelbar, so wäre nach § 273 iVm § 175 EO ein Kurator zu bestellen gewesen. Solange das Versteigerungsedikt den Parteien noch nicht zugestellt war, hätte die Versteigerung nicht durchgeführt werden dürfen. Die Vornahme der Versteigerung trotz Unterlassung der Verständigung des Klägers war demnach rechtswidrig.