OGH: Zur Berücksichtigung verspäteter Rekurse im Außerstreitverfahren
Die Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels im Außerstreitverfahren hängt nicht vom Ermessen des Rekursgerichts ab
§ 46 AußStrG
GZ 6 Ob 252/09s, 18.12.2009
OGH: Nach § 46 Abs 3 AußStrG können nach Ablauf der Rekursfrist Beschlüsse angefochten werden, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Unter den in § 46 Abs 3 AußStrG angeführten "anderen Personen" sind alle vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Personen zu verstehen. Anders als nach § 11 Abs 1 AußStrG 1854 ist die Zulässigkeit des Rekurses in diesen Fällen nicht mehr dem Ermessen des Rekursgerichts anheim gestellt. Die bisherige Rechtsprechung, die in diesen Fällen im Rahmen der Ermessensübung nach § 11 Abs 1 AußStrG 1854 die sachliche Berechtigung des Rechtsmittels prüfte und bei fehlender sachlicher Berechtigung den verspäteten Rekurs zurückwies ist damit überholt.
Der in der Lehre teilweise vertretenen gegenteiligen Auffassung kann in Anbetracht des klaren Gesetzeswortlauts nicht gefolgt werden. Das Wort "können" bezieht sich zweifelsfrei auf die Anfechtungsbefugnis der Parteien und nicht auf die Entscheidung durch das Gericht.
Hängt aber die Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels nicht mehr vom Ermessen des Rekursgerichts ab, so erübrigt sich auch eine Prüfung der Erfolgsaussichten als Kriterium der Ermessensübung. Vielmehr sind nach § 46 Abs 3 AußStrG verspätete Rechtsmittel unabhängig von ihren Erfolgsaussichten jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die dafür gesetzlich vorausgesetzten Bedingungen erfüllt sind. Andernfalls sind sie als verspätet zurückzuweisen. Für ein - im Übrigen verfassungsrechtlich bedenkliches - (freies) Ermessen der Gerichte bei der Berücksichtigung verspäteter Rechtsmittel besteht nach der neuen Rechtslage kein Raum.