22.04.2010 Verfahrensrecht

OGH: Gesetzliches Pfandrecht nach § 19a RAO iZm Aufrechnung

Die Kostenforderung kann nicht mehr durch Aufrechnung einer später entstandenen Gegenforderung an die Partei getilgt werden, sobald der Rechtsanwalt die Zahlung der Kosten an seine Person verlangt hat


Schlagworte: Kostenrecht, Rechtsanwalt, Pfandrecht, Aufrechnung
Gesetze:

§ 19a RAO, § 1438 BAO

GZ 3 Ob 5/10x, 27.01.2010

OGH: Gem § 19a RAO hat der Rechtsanwalt wegen seines Honorar- und Barauslagenersatzanspruchs ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Partei. Die zum Kostenersatz verpflichtete Partei kann die Kosten jederzeit an den pfandberechtigten Anwalt und, solange dieser die Bezahlung an ihn nicht gefordert hat, auch an die Partei wirksam bezahlen (§ 19a Abs 4 RAO).

Auch Aufrechnung ist Zahlung iSd § 19a RAO. Jedenfalls bis zum Verlangen der Zahlung durch den Rechtsanwalt bleibt dem Kostenschuldner die Möglichkeit einer Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen die Kostenforderung offen.

Bereits wiederholt sprach der OGH aus, dass die Kostenforderung nicht mehr durch Aufrechnung einer später entstandenen Gegenforderung an die Partei getilgt werden kann, sobald der Rechtsanwalt die Zahlung der Kosten an seine Person verlangt hat. Die Kostenforderung der Prozesspartei wird nur mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts nach § 19a RAO existent. Da wirksame Aufrechnung nach österreichischem Recht nicht nur Gleichartigkeit, Gegenseitigkeit und Fälligkeit voraussetzt, sondern auch einer ausdrücklichen Erklärung (Aufrechnungserklärung) bedarf, konnte die Kostenforderung, deren Zahlung an ihn der Rechtsanwalt des Beklagten bereits verlangt hatte, durch nachfolgende Aufrechnungserklärung des Klägers nicht mehr getilgt werden. Das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts verlöre seinen Sicherungszweck, wenn die Kostenforderung des Klienten trotz Zahlungsverlangens des Rechtsanwalts, also trotz der Verständigung des Kostenschuldners, an den Kostengläubiger bezahlt werden könnte.

Da der Kläger im vorliegenden Fall die Aufrechnung mit ihm behauptetermaßen zustehenden Schadenersatzforderungen gegen den Beklagten erst erklärte, nachdem der Rechtsanwalt des Beklagten die Bezahlung der dem Beklagten zugesprochenen Kostenersatzforderung zu seinen Handen verlangt hatte, vermochte sie die betriebene Forderung nicht zu tilgen.

Dem Argument des Klägers, das Zahlungsbegehren des Beklagtenanwalts stehe der Aufrechnung nicht entgegen, weil die Kostenforderung mangels Rechtskraft der Kostenbestimmung (außerordentliche Revision gegen das den Kostenzuspruch enthaltende Urteil) noch gar nicht entstanden sei (in diesem Sinne RIS-Justiz RS0035914) kann nicht gefolgt werden.

Abgesehen von der gegenteiligen Rechtsprechungslinie RIS-Justiz RS0051738, wonach die Kostenforderung bereits mit Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen bedingt durch den Prozesserfolg entsteht, war hier die Kostenforderung bereits vollstreckbar (bestätigendes Berufungsurteil, gegen das nur außerordentliche Revision erhoben werden konnte). Zumindest bei gesetzlicher Anordnung der Vollstreckbarkeit (§ 505 Abs 4 ZPO) kann nicht angenommen werden, der hereinzubringende Anspruch wäre noch nicht entstanden.