27.01.2011 Verfahrensrecht

OGH: Wahlgerichtsstand nach Art 5 Nr 1 und 3 EuGVVO

Der Erfüllungsgerichtsstand nach Art 5 Nr 1 EuGVVO kann auch zur Klärung der Frage, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, in Anspruch genommen werden; Art 5 Nr 3 EuGVVO normiert einen Gerichtsstand für außervertragliche (deliktische) Schadenersatzansprüche


Schlagworte: Internationales Verfahrensrecht, Wahlgerichtsstand, Vertragserfüllung, unerlaubte Handlung
Gesetze:

Art 5 EuGVVO

GZ 9 Ob 18/10b, 22.12.2010

OGH: Gem Art 5 Nr 3 EuGVVO, auf den die Klägerin die internationale Zuständigkeit ihrer Klage primär stützte, kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedsstaat vor dem Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, geklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Art 5 Nr 3 EuGVVO normiert damit einen Gerichtsstand für außervertragliche (deliktische) Schadenersatzansprüche. Der EuGH definiert Klagen aus "unerlaubten Handlungen" als Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag iSd Art 5 Nr 1 EuGVVO anknüpfen.

Art 5 Nr 1 EuGVVO, auf den sich die Klägerin in erster Instanz subsidiär stützte, setzt für die Klage gegen eine Person in einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem sie ihren Wohnsitz hat, voraus, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Nach der Rsp versteht Art 5 Nr 1 EuGVVO unter der erfüllten oder zu erfüllenden Verpflichtung diejenige Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet. Der Erfüllungsgerichtsstand nach Art 5 Nr 1 EuGVVO kann auch zur Klärung der Frage, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, in Anspruch genommen werden.