18.02.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Ein Werknutzungsrecht oder eine Werknutzungsbewilligung kann auch schlüssig erteilt werden; diese Möglichkeit besteht auch im Verhältnis zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber


In seinem Beschluss vom 19.10.2004 (GZ 4 Ob 182/04z) hat sich der OGH mit Fragen zum UrhG befasst:

Die Klägerin erstellte auf Einladung der Beklagten ein Werbekonzept für ein Online-Warenwirtschaftssystem namens "eQ". Dafür entwickelten Dienstnehmer der Klägerin neben einem schriftlichen Vermarktungskonzept diverse Entwürfe, ua eine Werbeverpackung in Form eines Kartonzylinders (Höhe ca 18 cm, Durchmesser von ca 7,5 cm), der außen mit den Buchstaben "eQ", dem Werbeslogan "Intelligent handeln", dem Lichtbild einer Frau und der Werbebotschaft in Form einer Abfolge von Fragen und Antworten bedruckt ist, wobei die Fragen auf dem blauen Hintergrund in roter Farbe hervorgehoben sind.Die Klägerin überließ der Beklagten die Präsentationsmaterialien mit dem Hinweis, das Konzept dürfe nicht ohne ihre Zustimmung verwertet werden. Im März 2003 erhielt dieKlägerin von einer Firma R*****, eine zylinderförmige Kartonverpackung mit einem darin enthaltenen Werbegeschenk.Die Klägerin begehrt (ua), die Beklagte zu verpflichten, es ab sofort zu unterlassen, diese Kartonverpackungen zu vervielfältigen, zu verbreiten oder sonst zu verwerten.Die Klägerin habe für das auf Ersuchen der Beklagten erstellte Werbekonzept mehrere Dienstnehmer eingesetzt. Urheber des geschaffenen Werks seien Mitarbeiter der Klägerin. Aufgrund des abgeschlossenen Dienstvertrags stünden alle aus dem Urheberrecht erfließenden übertragbaren Ansprüche der Klägerin zu. Entwurf und Präsentationsmittel seien der Beklagten zur Ansicht übermittelt worden. Die Beklagte habe das Werbekonzept bewusst und ohne Zustimmung der Klägerin für sich verwendet und an Dritte, nämlich die R***** weitergegeben und dadurch verwertet. Die der Klägerin übermittelte zylinderförmige Kartonverpackung samt darin enthaltenem Werbegeschenk sei eine bewusste Nachahmung des von ihr erstellten Konzepts.

Dazu der OGH:

1. Zum Werkcharakter des Werbemittels: Werke im Sinn des UrhG sind eigentümliche geistige Schöpfungen ua auf dem Gebiet der bildenden Kunst. Ihre Schutzfähigkeit hängt davon ab, ob ihnen individuelle Eigenart zukommt; maßgebend ist die auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität des Werkes. Die individuelle eigenartige Leistung muss sich vom Alltäglichen Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben. Dass unter "Werken der bildenden Künste" iSd § 3 Abs 1 UrhG gs auch solche fallen können, deren Ausdrucksmittel die Grafik - und sei es auch nur die sog "Gebrauchsgrafik" - ist, wird von Lehre und Rechtsprechung einhellig bejaht.In concreto ist daher die Schutzfähigkeit des Werbemittels zu bejahen: Die formale inhaltliche Gestaltung des Werbetextes, die Fragestellung und deren Beantwortung, sowie auch die Wiedergabe des Textes in Verbindung mit einem grafisch bearbeiteten Bildnis auf der Außenseite einer zylindrisch geformten Warenverpackung, stellt eine sich vom Üblichen unterscheidende, individuell eigenartige gedanklich Bearbeitung dar, die dem Werbemittel eine persönliche unverwechselbare Note verleiht.Das Werbemittel der Beklagten übernimmt die wesentlichen Züge des im Unternehmen der Klägerin geschaffenen Werks. Angesichts der Übereinstimmungen von der Gestaltung des Werbetextes in Form von Frage und Antwort sowie auch Art und Inhalt der Fragestellung ist von einer Bearbeitung des im Unternehmen der Klägerin hergestellten Werks auszugehen. AlsBearbeitung durfte das Produkt der Beklagten daher nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten Werks oder dessen Werknutzungsberechtigten verwertet werden.

2. Zur Aktivlegitimation der Klägerin als Werknutzungsberechtigter:Nach § 14 Abs 1 UrhG kommen die Verwertungsrechte dem Urheber zu. Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass ein Werknutzungsrecht oder eine Werknutzungsbewilligung (§ 24 UrhG) auch schlüssig erteilt werden kann, wobei der Werknutzungsberechtigte im Zweifel nicht mehr Rechte erwirbt als für den Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint (Zweckübertragungstheorie). Die Möglichkeit der schlüssigen Rechteeinräumung besteht auch im Verhältnis zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber. Beschäftigt der gewerbliche Unternehmer Mitarbeiter in einer Werbeabteilung zum Zweck der Werkschöpfung im Interesse des Unternehmens und erfolgt die Werkschöpfung durch den Dienstnehmer in Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten, so ist mangels gegenteiliger Vereinbarung von einer stillschweigenden Einräumung der Verwertungsrechte an den Dienstgeber auszugehen. Zweck des Arbeitsvertrages ist es nämlich, dem Dienstgeber die schöpferische Leistung seines Dienstnehmers zur Verfügung zu stellen und dem Dienstnehmer den vereinbarten Lohn für seine Leistung zu verschaffen. Von diesem Zweck ist aber nach dem Verständnis beider Vertragspartner auch die Überlassung der Verwertungsrechte an den vom Dienstnehmer in Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten geschaffenen Werken umfasst, weil der Dienstgeber sonst dieses Arbeitsergebnis nicht nutzen könnte. Übergibt daher der Dienstnehmer das Werk dem Dienstgeber zur weiteren Verwendung, so ist spätestens zu diesem Zeitpunkt auch die stillschweigende Einräumung der Nutzungsrechte anzunehmen.