17.09.2005 Wirtschaftsrecht

OGH: Kriterien für die Individualität einer bestimmten Bearbeitung eines Computerprogrammes sind die Länge, die Anzahl der Programmierschritte, die Eigenart der visuellen Gestaltung, Zeit und Aufwand für die Entwicklung und die Verfügbarkeit von vorhandenen Bausteinen


Schlagworte: Programm, Bearbeitung, Werk, Urheberrecht
Gesetze:

§ 1 UWG, §§ 2 Z 1, 5 Abs 1, 40a UrhG

In seiner Entscheidung vom 12.07.2005 zur GZ 4 Ob 45/05d hatte sich der OGH mit dem Urheberrecht auseinander zusetzen:

Die Klägerin als auch die Firma des Erstbeklagten, die Zweitbeklagte, bieten EDV-Leistungen an. Der Erstbeklagte war ab April 2000 bei der Klägerin tätig. Die Klägerin hat, neben der S... und T..., zu 1/3 die Werknutzungsrechte an dem Programm TerraCAD. Der Erstbeklagte nahm im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin wesentliche Weiterentwicklungen an diesem Programm vor. In weiterer Folge (nach Auflösung der Zusammenarbeit zwischen S..., T... und der Klägerin) übergab der Erstbeklagte - ohne Wissen und Zustimmung der Klägerin - der S ... den aktuellen TerraCAD-Sourcecode. Die Zweitbeklagte (bzw. der Erstbeklagte) übernahm für die S... und T.... die Weiterentwicklung von TerraCAD. Die Klägerin begehrt nunmehr die Unterlassung der Verwertung der von ihr weiterentwickelten TerraCAD-Quellcodes.

Der OGH führte dazu aus: Computerprogramme, worunter auch Quellcodes fallen, sind urheberrechtlich geschützt, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers sind. Es muss eine gewisse Komplexität vorliegen; im Werk muss sich ein ungewöhnlicher Grad an Erfahrung, Gewandtheit und Fachkenntnis manifestieren. Um von einer Bearbeitung (Weiterentwicklung) iSd § 5 Abs 1 UrhG zu sprechen, sind Veränderungen erforderlich, die Ausdruck des eigenen individuellen Schaffens sind (die wesentlichen individuellen Züge des Originalwerkes werden beibehalten). Gegenständlich kann der Werkcharakter der vom Erstbeklagen vorgenommenen Bearbeitungen bejaht werden (Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Lösungsvarianten; Anforderung an seine Kreativität; Komplexität). Es liegt somit urheberrechtlicher Schutz gegen die vom Erstbeklagten vorgenommene Weitergabe des Quellcodes vor, weshalb die Klägerin auch Anspruch auf angemessenes Entgelt, Herausgabe des Gewinnes und Schadenersatz hat.