26.08.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Preisänderungsklauseln erfordern auch im Unternehmergeschäft Zweiseitigkeit


Schlagworte: Vertragsrecht, Vertragsklausel, allgemeine Geschäftsbedingungen, Bank, Unternehmergeschäft
Gesetze:

§ 879 Abs 3 ABGB, § 914 ABGB

Mit Beschluss vom 13.06.2006 zur GZ 10 Ob 125/05p hat sich der OGH mit Zinsanpassungsklauseln befasst:

Die beklagte Bank hat der Klägerin als Kreditnehmerin einen Betriebsmittelkredit über 300.000 ATS eingeräumt, wobei zwischen den Parteien nicht ein bestimmter Fixzinssatz, sondern ein Ausgangszinssatz von 8,5 % p.a. verbunden mit einer Zinsanpassungsklausel vereinbart war. Nach dieser Vertragsklausel war die beklagte Partei als Kreditgeberin berechtigt, die vereinbarten Konditionen entsprechend den jeweiligen Geld-, Kredit- und Kapitalmarktverhältnissen zu ändern.

Dazu der OGH: Es entspricht dem Gedanken der Vertragssymmetrie, dass die Bank zur Senkung der Zinsen in derselben Relation verpflichtet ist, wie sie umgekehrt Erhöhungen vornehmen darf. Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Klausel, die dem Kreditgeber bloß das Recht zur Erhöhung des Zinssatzes einräumt, ohne ihn auch bei Veränderung der Umstände zu einer entsprechenden Senkung zu verpflichten, ist daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam. Im Hinblick auf das Erfordernis der Zweiseitigkeit von Preisänderungsklauseln auch im Unternehmergeschäft ist daher im Zweifel eine Zinsanpassungsklausel entgegen der von der beklagten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§ 914 ABGB) so zu verstehen, dass sie auch für den Fall des Sinkens der preisrelevanten Faktoren eine entsprechende Preissenkungspflicht vorsieht und daher zulässig ist. Es ist somit unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze auch die hier strittige Vertragsklausel, wonach der Kreditgeber berechtigt ist, die vereinbarten Konditionen entsprechend der jeweiligen Geld-, Kredit- oder Kapitalmarktverhältnissen zu "ändern", im Sinne einer - durch den Wortlaut dieser Vertragsklausel nicht ausgeschlossenen - Verpflichtung der beklagten Partei zu einer allfälligen Senkung des Zinssatzes auszulegen.