OGH: Die Auffassung des EuGH, wonach eine Wortmarke ihre selbständig kennzeichnende Funktion jedenfalls behält, wenn sie und eine Unternehmensbezeichnung bloß aneinander gereiht werden, kann nicht auf Fälle übertragen werden, in denen eine Bildmarke - wenngleich in unveränderter Form - mit anderen kennzeichnungskräftigen Elementen zu einem neuen Zeichen verschmolzen wird
§ 10 Abs 1 Z 2 MSchG, Art 9 Abs 1 lit b Gemeinschaftsmarkenverordnung
In seinem Beschluss vom 07.08.2007 zur GZ 17 Ob 16/07p hat sich der OGH mit dem Markenrecht und der Verwechslungsgefahr befasst:
Die Beklagte hat die Marke der Klägerin in leicht veränderter Form übernommen.
Dazu der OGH: Zeichenidentität ist schon dann anzunehmen, wenn die Unterschiede bei einer Gesamtbetrachtung so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können. In einem nächsten Schritt ist daher zu prüfen, ob die Marke der Klägerin in der Warenausstattung der Beklagten eine selbständig kennzeichnende Stellung behalten hat. Das wäre der Fall, wenn der Verkehr dem übernommenen Element im Eingriffszeichen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuerkannte. Dabei ist, wie der EuGH in Thomson Life festhält (GZ C-120/04), grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen. In weiterer Folge nimmt der EuGH allerdings an, dass eine Wortmarke (Life) ihre selbständig kennzeichnende Stellung jedenfalls behält, wenn sie und eine Unternehmensbezeichnung (Thomson) "aneinander gereiht" werden; auf den Gesamteindruck des zusammengesetzten Zeichens und auch auf die Verwechslungsgefahr scheint der EuGH in diesem Fall nicht abzustellen.
In der Sache widerspricht die Entscheidung allerdings nicht der allgemeinen Regel, wonach der Gesamteindruck maßgebend ist und Verwechslungsgefahr bestehen muss. Denn (bloß) aneinander gereihte Wortbestandteile bleiben als selbständige Elemente bestehen, die das Publikum - zumindest auch - getrennt voneinander wahrnehmen wird. Der "Gesamteindruck" des zusammengesetzten Zeichens wird daher in erster Linie von den Teilen bestimmt. Daher wird ein solcher Bestandteil seine kennzeichnende Stellung zumindest im Regelfall auch dann behalten, wenn ein anderer das zusammengesetzte Zeichen wegen seiner größeren Bekanntheit dominiert. In diesem Fall wird meist auch Verwechslungsgefahr - zumindest im weiteren Sinn - bestehen.
Diese Argumentation greift aber nur, wenn die Zeichen (insbesondere Wortzeichen) tatsächlich aneinander gereiht, dh nebeneinander gesetzt werden. Denn nur dann bleiben sie für das Publikum zumindest im Regelfall getrennt wahrnehmbar und damit typischerweise selbständig kennzeichnend. Nur diesen "Sonderfall" erfasst die Argumentation des EuGH.
Anderes muss gelten, wenn - wie hier - eine Bildmarke mit weiteren Bestandteilen verschmolzen wird. In diesem Fall wird das Publikum die einzelnen Bestandteile idR nicht mehr als solche wahrnehmen, sondern das Zeichen als Einheit auffassen. Die im Wesentlichen unveränderte Übernahme einer Marke muss daher - anders als bei einer bloßen Aneinanderreihung - nicht zwingend bewirken, dass diese Marke ihre selbständig kennzeichnende Funktion behält. Vielmehr kann sich hier - nach allgemeinen Grundsätzen - aus dem Gesamteindruck des zusammengesetzten Zeichens ergeben, dass die Klagsmarke ihre selbständig kennzeichnende Funktion verloren hat, weil das Publikum die anderen Bestandteile wegen ihrer hohen Kennzeichnungskraft als eindeutigen Herkunftshinweis auffasst und das übernommene Zeichen demgegenüber in den Hintergrund tritt. Dann bestünde auch keine Verwechslungsgefahr.