OGH: Nichtigerklärung von Generalversammlungsbeschlüssen - erfordert eine Vertretung gem § 42 Abs 1 GmbHG "durch andere Geschäftsführer" eine organschaftliche Vertretung oder ist auch eine gemischte Gesamtvertretung durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen möglich?
Tritt der Geschäftsführer einer GmbH im Verfahren auf Nichtigerklärung eines Beschlusses ihrer Gesellschafter als Kläger auf, so kommt eine unechte Gesamtvertretung der Gesellschaft durch einen weiteren Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen nicht in Betracht
§ 42 GmbHG
GZ 6 Ob 186/08h, 06.11.2008
Strittig ist, ob eine GmbH in einem von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer angestrengten Verfahren auf Nichtigerklärung eines Generalversammlungsbeschlusses durch den zweiten, nur gemeinsam mit einer Prokuristin vertretungsbefugten Geschäftsführer vertreten werden kann.
OGH: Gem § 42 Abs 1 GmbHG wird die Gesellschaft im Verfahren auf Nichtigerklärung eines Beschlusses ihrer Gesellschafter durch die Geschäftsführer (in vertretungsbefugter Zahl), wenn Geschäftsführer aber selbst klagen, durch den Aufsichtsrat vertreten. Ist im Fall einer Klage eines Geschäftsführers weder ein Aufsichtsrat noch ein "anderer Vertreter der Gesellschaft" vorhanden, so hat das Gericht einen Kurator zu ernennen. Sind mehrere zeichnungsberechtigte Geschäftsführer bestellt, von denen nur einer als Kläger auftritt, kann die Gesellschaft im Anfechtungsverfahren durch die weiteren (nicht klagenden) Geschäftsführer in vertretungsbefugter Zahl vertreten werden.
Der klagende Gesellschafter-Geschäftsführer ist von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Geschäftsführer und Alleingesellschafter jener Gesellschafterin, die als Anfechtungsklägerin auftritt. Auch er ist wegen der durch die Klageführung bewirkten Interessenkollision von der Vertretung der beklagten Gesellschaft im Anfechtungsverfahren ausgeschlossen. Dass der Ausschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers von der Vertretung der Beklagten im Anfechtungsverfahren auch für seinen Vertreter gilt, deshalb auch nicht durch die Bestellung eines Rechtsvertreters umgangen werden kann und es nicht darauf ankommt, ob der Vertreter hinsichtlich der Ausübung seiner Vertretungsmacht instruiert wurde, hat der OGH bereits erkannt.
Die Erteilung kollektiver Zeichnungsberechtigung an einen Geschäftsführer zur gemeinsamen Vertretung mit Gesamtprokuristen (sog gemischte oder unechte Gesamtvertretung) wird als zulässig angesehen, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht (§ 18 Abs 3 GmbHG) und sichergestellt ist, dass die GmbH von einem oder mehreren Geschäftsführern auch ohne Mitwirkung von Prokuristen vertreten werden kann. Als unzulässig wird die Vertretung durch einen Geschäftsführer nur gemeinsam mit einem Prokuristen angesehen. Im Fall unechter Gesamtvertretung richten sich die Befugnisse des Gesamtprokuristen - über den Umfang der in § 49 UGB umschriebenen Prokura hinaus - nach dem Umfang der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters (Geschäftsführers) des betreffenden Rechtsträgers, mit dem er gemeinsam vertritt.
Tritt der Geschäftsführer einer GmbH im Verfahren auf Nichtigerklärung eines Beschlusses ihrer Gesellschafter als Kläger auf, so kommt eine unechte Gesamtvertretung der Gesellschaft durch einen weiteren Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen nicht in Betracht. In einem solchen Fall kann die Gesellschaft nur durch weitere (nicht auf Klagsseite einschreitende) Geschäftsführer in vertretungsbefugter Zahl, durch den Aufsichtsrat, einen von den Gesellschaftern bestellten Vertreter zur Prozessführung (§ 35 Abs 1 Z 6 letzter Satz GmbHG) oder durch einen vom Gericht bestellten Kurator oder einen Notgeschäftsführer vertreten werden.