19.05.2020 Zivilrecht

OGH: Zum Urheberrecht an Lichtbildern

Die konkreten Gestaltungsmittel eines Lichtbilds müssen auf der Grundlage eines ausreichenden Tatsachenvorbringens verbal festgestellt werden; ein anspruchsvernichtender Einwand, mit dem Werkqualität behauptet wird, muss in erster Instanz erkennbar erhoben werden


Schlagworte: Urheberrecht, Lichtbildwerk, Urheber, Werkschutz, Leistungsschutzrecht, Bezeichnung des Herstellers, Namensnennungsrecht, Verwertungsrecht, Beweislast
Gesetze:

 

§ 3 UrhG, § 20 UrhG, §§ 73 f UrhG

 

GZ 4 Ob 13/20w, 21.02.2020

 

OGH: Nach § 74 Abs 1 UrhG stehen dem Hersteller eines Lichtbilds (mit bestimmten Beschränkungen) die gesetzlichen Verwertungsrechte als Leistungsschutzrechte zu. Bei - wie hier - gewerbsmäßig, also zu wirtschaftlichen Zwecken hergestellten Lichtbildern gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Das Leistungsschutzrecht bezieht sich auch auf einfache Lichtbilder. Da Lichtbildwerke iSd § 3 Abs 1 UrhG gleichzeitig auch Lichtbilder iSd § 73 UrhG sind, genießen sie parallel zum urheberrechtlichen Schutz auch Leistungsschutz. Dies bedeutet, dass sich der Urheber eines Lichtbildwerks auch auf die Leistungsschutzrechte des § 74 UrhG berufen kann.

 

Gem § 74 Abs 3 UrhG hat der leistungsschutzberechtigte Fotohersteller (hier: Unternehmensinhaber) - so wie der Urheber nach § 20 Abs 1 UrhG - ein geschütztes Bezeichnungsrecht (Namensnennungsrecht) als Urheberpersönlichkeitsrecht, das untrennbar mit den ausschließlichen Verwertungsrechten verbunden ist. Diese Bestimmung räumt dem Lichtbildhersteller das Recht ein, jedem anderen - auch demjenigen, dem er die Verwertungsrechte übertragen hat - Verwertungshandlungen, insbesondere die Verbreitung und Vervielfältigung von Lichtbildern, ohne die Bezeichnung des Herstellers zu untersagen.

 

Auch wenn es für den Werkcharakter eines Lichtbilds keines besonderen Maßes an Originalität bzw Individualität bedarf, ist eine generelle Aussage darüber, ob einem bestimmten Lichtbild Werkcharakter zukommt, nicht möglich. Aus diesem Grund ist in jedem Einzelfall eine Beurteilung zu den konkreten Gestaltungsmitteln vorzunehmen und danach über die Werkqualität zu entscheiden. Bei dieser Beurteilung handelt es sich zwar um eine Rechtsfrage, der aber die konkrete Ausgestaltung des Lichtbilds zugrunde zu legen ist. Dazu ist in der Rsp anerkannt, dass die konkrete Ausgestaltung eines menschlichen Erzeugnisses, aus der sich erst sein Werkcharakter („Lichtbildwerk“) ergibt, eine Tatfrage ist, die - nach der allgemeinen Beweislastverteilung - derjenige zu behaupten und zu beweisen hat, der für ein bestimmtes Erzeugnis urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nimmt bzw allgemein derjenige, der die Werkqualität behauptet. Wird - wie hier - die Werkqualität als anspruchsvernichtender Einwand erhoben, so trifft die Behauptungs- und Beweislast den Beklagten. Aus diesen Überlegungen folgt, dass die konkreten Gestaltungsmittel eines Lichtbilds auf der Grundlage eines ausreichenden Tatsachenvorbringens (verbal) festgestellt werden müssen und ein anspruchsvernichtender Einwand, mit dem Werkqualität behauptet wird, im erstinstanzlichen Verfahren erkennbar erhoben werden muss.