26.05.2020 Zivilrecht

OGH: § 5 KSchG, § 1170a ABGB – (verbindlicher) Kostenvoranschlag

Das KSchG dreht zwar die Zweifelsregel des § 1170a ABGB zugunsten des Verbrauchers um; die Bezeichnung als „vorläufige Auftragssumme“ genügt allerdings als ausdrücklicher und hinlänglich deutlicher Hinweis des Unternehmers, die Richtigkeit der Kostenschätzung nicht zu garantieren, und somit den Anforderungen des § 5 Abs 2 KSchG; die Richtigkeitsgarantie wird dadurch auf für den Verbraucher hinreichend verständliche Art ausgeschlossen


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, (verbindlicher) Kostenvoranschlag
Gesetze:

 

§ 5 KSchG, § 1170a ABGB

 

GZ 6 Ob 246/19y, 25.03.2020

 

OGH: Nach § 5 Abs 2 KSchG gilt dann, wenn dem Vertrag ein Kostenvoranschlag des Unternehmers zugrunde gelegt wird, dessen Richtigkeit als gewährleistet, wenn nicht das Gegenteil ausdrücklich erklärt ist. Das KSchG dreht damit zwar die Zweifelsregel des § 1170a ABGB zugunsten des Verbrauchers um. Die Bezeichnung als „vorläufige Auftragssumme“ genügt allerdings als ausdrücklicher und hinlänglich deutlicher Hinweis des Unternehmers, die Richtigkeit der Kostenschätzung nicht zu garantieren, und somit den Anforderungen des § 5 Abs 2 KSchG; die Richtigkeitsgarantie wird dadurch auf für den Verbraucher hinreichend verständliche Art ausgeschlossen.

 

Ob ein Kostenvoranschlag unter Garantie (§ 1170a Abs 1 ABGB), ein Kostenvoranschlag ohne Garantie (§ 1170a Abs 2 ABGB), eine bloße Schätzung („Schätzungsanschlag“), also ein summarischer Überschlag der voraussichtlichen Kosten, oder eine Pauschalpreisvereinbarung iSd Vereinbarung eines nach oben begrenzten Gesamtpreises darstellt, ist eine Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall.

 

Angesichts der in der außerordentlichen Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen, wonach die Streitteile a) damals von geschätzten und durch keine Ausschreibungen bzw Angebote untermauerten Nettoherstellungskosten von 1.221.000 EUR ausgingen, was ein Architektenhonorar der Klägerin – unter Gewährung eines Rabatts von 10.000 EUR – von 160.000 EUR netto bedeutet hätte, b) jedoch weder eine Vereinbarung trafen, dass diese 160.000 EUR ein Fixhonorar sein sollten, das losgelöst von den tatsächlichen Nettoherstellungskosten gezahlt werden solle, noch dass die geschätzten Nettoherstellungskosten von 1.221.000 EUR keinesfalls überschritten werden dürften, und c) vielmehr davon ausgingen, dass sich das Honorar nach den tatsächlichen Nettoherstellungskosten bemessen sollte, wobei sich das Honorar wiederum mit einem bestimmten Prozentsatz der Nettoherstellungskosten bemessen sollte, muss iSd Entscheidung 3 Ob 46/04t auch hier davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ausdrücklich und hinlänglich deutlich darauf hingewiesen hat, die Richtigkeit der Kostenschätzung nicht zu garantieren.

 

Aus § 1170a Abs 2 Satz 2 ABGB ergibt sich bei einer unvermeidlichen beträchtlichen Überschreitung eines Kostenvoranschlags ohne Gewährleistung eine Anzeigepflicht des Unternehmers. Dieser hat die voraussichtliche Höhe der Überschreitung nachvollziehbar und so präzise wie möglich anzugeben, damit der Besteller eine ausreichende Dispositionsgrundlage hat.

 

Die Beklagten meinen nunmehr in ihrer außerordentlichen Revision, die Klägerin habe eine derartige Anzeige nicht erstattet. Sie übersehen damit allerdings die von ihnen ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen, wonach sie iZm Zusatz- und Sonderwünschen von Seiten der Klägerin stets darauf hingewiesen wurden, dass sich einerseits die Nettoherstellungskosten und andererseits dadurch auch das Honorar der Klägerin erhöhen würden. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe lediglich auf die Erhöhung der Herstellungskosten, nicht aber auf eine damit verbundene Honorarsteigerung verwiesen, widerspricht somit den getroffenen Feststellungen.