10.09.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 5 Abs 2 KartG in lauterkeitsrechtlichen Verfahren

Die Beweislastregel des § 5 Abs 2 KartG ist auch in lauterkeitsrechtlichen Verfahren heranzuziehen, wenn der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eine Vorfrage bildet


Schlagworte: Kartellrecht, Wettbewerbsrecht, marktbeherrschende Stellung, lauterkeitsrechtliches Verfahren, kartellrechtliches Verfahren, Beweislast
Gesetze:

§ 5 Abs 2 KartG, § 1 UWG

GZ 4 Ob 60/09s, 14.07.2009

OGH: Die Klägerin, welche als marktbeherrschendes Unternehmen Anwaltssoftware vertreibt und durch die Einräumung großzügiger Rabatte den Anschein des Verkaufs unter dem Einstandspreis erweckt hatte, macht zwar lediglich die Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften geltend, stützt sich damit in der Sache jedoch auf die lauterkeitsrechtliche Fallgruppe "Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch". Die rechtliche Beurteilung muss sich daher an der Prüfung der Frage orientieren, unter welchen Voraussetzungen die Verletzung kartellrechtlicher Bestimmungen auch einen Verstoß gegen § 1 UWG begründet, wobei es nicht auf das Verhältnis zwischen diesen beiden Regelungskreisen ankommt. Da das Kartellrecht ähnlichen Regelungszwecken dient wie das Lauterkeitsrecht ist es sachgerecht, marktmissbräuchliches und unlauteres Verhalten an demselben Maßstab zu messen, auch wenn der Gesetzgeber jeweils unterschiedliche Verfahren- und Sanktionssysteme vorgesehen hat. Zwar stellt nicht jeder Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften zwingend auch eine unerlaubte Handlung iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG dar, von einer solchen ist jedoch auszugehen, wenn die angeblich übertretene Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Im Ergebnis erscheint jedenfalls eine Anwendung der Beweislastregel des § 5 Abs 2 KartG auch in einem lauterkeitsrechtlichen Verfahren sachgerecht, wenn der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung als Vorfrage zu erörtern ist.