26.11.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Frage, ob durch bloße Bildbearbeitungen von Lichtbildwerken Dritter Leistungsschutzrechte entstehen, und wenn ja, ob Verletzungen dieser Leistungsschutzrechte unabhängig vom Hersteller der Originallichtbilder geltend gemacht werden können

Geringere Umgestaltungen eines Lichtbildes reichen aus, um ein eigenständiges Leistungsschutzrecht an der Bearbeitung entstehen zu lassen; der Bearbeiter kann die Leistungsschutzrechte getrennt vom Lichtbildhersteller geltend machen


Schlagworte: Urheberrecht, Leistungsschutzrecht, Bearbeitung von Werken
Gesetze:

§ 74 Abs 1 UrhG, § 74 Abs 7 UrhG, § 5 UrhG

GZ 4 Ob 115/09d, 08.09.2009

Die Parteien sind Medieninhaber von zwei österreichischen Tageszeitungen. Mitarbeiter der Klägerin haben vier Passfotos abfotografiert und Farbbearbeitungen an den Lichtbildern durchgeführt. Die Beklagte kopierte die bearbeiteten Fotos und veröffentlichte sie in Ausgaben ihrer eigenen Tageszeitung.

OGH: Nach § 74 Abs 1 UrhG hat der Hersteller eines Lichtbilds ua das ausschließliche Recht, das Lichtbild zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen; bei gewerbsmäßig hergestellten Lichtbildern gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Nach § 74 Abs 7 iVm § 5 Abs 1 UrhG entstehen auch durch die Bearbeitung von Lichtbildern Leistungsschutzrechte iSv § 74 Abs 1 UrhG. Der geringere Schutzumfang von Lichtbildern gegenüber Lichtbildwerken bedingt eine Erleichterung in Bezug auf die sonst für das Entstehen einer geschützten Bearbeitung geforderte eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters. Es reichen bereits geringere Umgestaltungen aus, sofern sie über die bloße Vervielfältigung hinausgehen, etwa das Auswechseln von Farben oder das Ersetzen einzelner Teile des Bildes.

Im ggst Fall war zwar das Abfotografieren der Passbilder ein bloßer Vervielfältigungsakt; die darauf folgende Umgestaltung durch Farbänderungen genügte jedoch, ein eigenständiges Leistungsschutzrecht an der Bearbeitung entstehen zu lassen. Der Urheber der Bearbeitung und jener des bearbeiteten Werks sind selbständig befugt, Verletzungen ihrer von einander getrennt bestehenden Urheberrechte zu verfolgen. Das gilt wegen des in § 74 Abs 5 UrhG enthaltenen Verweises auch für die Leistungsschutzrechte des Lichtbildherstellers und des Bearbeiters. Der Umstand, dass die Klägerin im vorliegenden Fall (anscheinend) nicht über die Rechte an den bearbeiteten Lichtbildern verfügte, lässt die Verwertungshandlung der Beklagten nicht rechtmäßig werden und führt daher zu keiner anderen Beurteilung.