23.09.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Werben mit Selbstverständlichkeiten iZm Z 10 des Anhangs zum UWG und § 1 Abs 3 iVm § 2 UWG

Z 10 des Anhangs zum UWG erfasst nicht einen bloßen Hinweis auf bestehende Ansprüche, der nicht den Eindruck erweckt, dass diese Ansprüche ausschließlich beim werbenden Unternehmen bestünden; bei Betonen einer Eigenschaft fehlt der irreführende Charakter iSv § 1 Abs 3 Z 2 iVm § 2 UWG, wenn der Verkehr erkennt, dass es sich dabei ohnehin um etwas Selbstverständliches handelt


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, irreführende Geschäftspraktiken, Werben mit Selbstverständlichkeiten
Gesetze:

Z 10 des Anhangs zum UWG, § 1 Abs 3 UWG, § 2 UWG

GZ 4 Ob 121/10p, 13.07.2010

OGH: Die Klägerin behauptet einen Verstoß der Beklagten gegen Z 10 des Anhangs zum UWG. Danach ist es jedenfalls unzulässig, Verbrauchern "gesetzlich zugestandene Rechte [...] als Besonderheit des Angebots des Unternehmens" zu präsentieren. Z 10 des Anhangs erfasst die Werbung mit rechtlichen Selbstverständlichkeiten. Als "gesetzlich zustehende Rechte" werden dabei in der Literatur va Ansprüche aufgrund zwingenden Verbraucherschutzrechts genannt; Anderl/Appl scheinen sie überhaupt darauf zu beschränken.

Es kann dahinstehen, ob die Z 10 des Anhangs tatsächlich einen derart engen Anwendungsbereich hat oder auch die Werbung mit der Finanzierung eines Angebots durch gesetzlich zustehende Sozialversicherungsleistungen erfasst. Denn die Bestimmung setzt weiters voraus, dass die gesetzlich zustehenden Ansprüche als Besonderheit des Angebots präsentiert werden. Unter Besonderheit ist dabei, wie sich insbesondere aus der englischen und der französischen Fassung der Bestimmung ergibt, ein Merkmal zu verstehen, dass das beworbene Angebot von jenem anderer Unternehmen unterscheidet ("distinctive feature") und daher eine Eigenheit des werbenden Unternehmens ist ("caractéristique propre"). Z 10 des Anhangs erfasst daher nicht einen bloßen Hinweis auf bestehende Ansprüche, der nicht den Eindruck erweckt, dass diese Ansprüche ausschließlich beim werbenden Unternehmen bestünden.

Zum Verstoß gegen § 1 Abs 3 iVm § 2 UWG:Das Werben mit Selbstverständlichkeiten kann auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Z 10 des Anhangs eine irreführende Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 3 Z 2 iVm § 2 UWG sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Werbung einen selbstverständlichen Umstand in einer Weise betont, dass der Durchschnittsverbraucher eine besondere Leistung gerade nur des - mit dem vermeintlichen Vorteil werbenden - Unternehmens annimmt. Auch bei Betonen einer Eigenschaft fehlt der irreführende Charakter, wenn der Verkehr erkennt, dass es sich dabei ohnehin um etwas Selbstverständliches handelt.