OGH: Unlautere Geschäftspraktiken iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG iZm Ausbeuten fremder Leistungen
Besondere Umstände, welche die Übernahme einer fremden Leistung unlauter machen, sind die vermeidbare Herkunftstäuschung, das Erschleichen des fremden Arbeitsergebnisses oder sein Erlangen durch Vertrauensbruch, das systematische Nachahmen, um den Mitbewerber zu behindern, und das Ausbeuten des guten Rufs eines fremden Erzeugnisses
§ 1 Abs 1 Z 1 UWG
GZ 4 Ob 110/10w, 15.02.2011
OGH: Gem § 1 Abs 1 Z 1 UWG idF der UWG-Novelle 2007 kann ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Das Ausbeuten fremder Leistungen zählt zu den "sonstigen unlauteren Handlungen". Damit ist die bisherige Rsp zur Unlauterkeit der Rufausbeutung iSd § 1 UWG aF durch die UWG-Novelle 2007 unberührt geblieben.
Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, handelt unlauter iSd § 1 UWG. Die Anlehnung an eine fremde Leistung und die Ausnutzung eines guten Rufs ist nicht stets verwerflich. Es muss zur objektiven Rufausbeutung etwas Anstößiges hinzutreten. Besondere Umstände, welche die Übernahme einer fremden Leistung unlauter machen, sind die vermeidbare Herkunftstäuschung, das Erschleichen des fremden Arbeitsergebnisses oder sein Erlangen durch Vertrauensbruch, das systematische Nachahmen, um den Mitbewerber zu behindern, und das Ausbeuten des guten Rufs eines fremden Erzeugnisses. Für die Feststellung der Lauterkeitswidrigkeit ist das gesamte Verhalten des die Leistung Übernehmenden zu berücksichtigen.
Derartige besondere Umstände sind etwa dann gegeben, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Verwechslungsgefahr ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn dem nachgeahmten Produkt wettbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt. "Wettbewerblich eigenartig" ist ein Erzeugnis dann, wenn es bestimmte Merkmale oder Gestaltungsformen aufweist, die im Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft ermöglichen. Um eine Herkunftsvorstellung auszulösen, wird ein Erinnerungsbild, ein geistiges Fortleben im Gedächtnis des Publikums verlangt.