OGH: Stellt die (verweigerte) Veröffentlichung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung", zu der die Auftraggeber des Klägers iSd Offenlegungspflichten des UGB verpflichtet waren, eine hoheitliche Tätigkeit iSd § 1 Abs 1 AHG dar?
Die vom gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft iSd § 277 Abs 2 UGB veranlasste Veröffentlichung des Jahresabschlusses im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" ist hoheitliches Handeln der Medieninhaberin der "Wiener Zeitung", die dabei als Organ des Bundes tätig wird; der Rechtsweg für gegen sie gerichtete Klagen, die (deliktische) Ansprüche iZm dieser Tätigkeit betreffen, ist nach § 9 Abs 5 AHG unzulässig
§ 10 UGB, § 277 UGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1 Abs 1 AHG, § 9 Abs 5 AHG
GZ 1 Ob 15/11d, 31.03.2011
OGH: Nach § 10 Abs 1 Satz 1 UGB sind Eintragungen im Firmenbuch und sonstige vom Firmenbuchgericht vorzunehmende Veröffentlichungen in der Ediktsdatei (§ 89j GOG) und im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" bekannt zu machen.
Die Veröffentlichung des Jahresabschlusses im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung", deren Veranlassung dem Firmenbuchgericht gleichzeitig mit der Einreichung des Jahresabschlusses nachzuweisen ist, steht iZm der Überprüfung der Offenlegungspflicht und deren Erzwingung durch das Firmenbuchgericht. Dass dieses dabei hoheitlich handelt, steht außer Zweifel. Die Regelungen über die Offenlegung des Jahresabschlusses nach §§ 277 ff UGB dienen dazu, Dritte, die die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen oder kennen können, zu informieren. Die nach § 277 Abs 2 UGB in Papierform ausschließlich im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" vorzunehmende Veröffentlichung erfüllt das Informationsbedürfnis einer interessierten Öffentlichkeit, die diese Mitteilungen kostenlos über das Internet abrufen kann. Diese Information im Interesse der Öffentlichkeit spricht ebenfalls für einen Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben. Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften erfüllen ihrerseits mit dem Auftrag an die beklagte Partei ("Veranlassung") zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses eine im öffentlichen Interesse gelegene Informationspflicht. Der von der Judikatur geforderte hinreichend enge Zusammenhang der Tätigkeit der beklagten Partei mit hoheitlichen Aufgaben ist aus diesen Erwägungen zu bejahen.
Dass der hoheitlichen Tätigkeit ein (wohl privatrechtlicher) Auftrag einer Person des Privatrechts vorangeht (hier: Veranlassung der Veröffentlichung iSd § 277 Abs 2 UGB) und für die Leistung ein Entgelt zu entrichten ist, schließt die Anwendung des AHG nicht aus (Beispielsfälle sind die Transportbegleitung, die Überprüfung nach § 57a KFG und die Tätigkeit eines vertraglich bestellten Bankprüfers). Auf einen vertraglichen Anspruch beruft sich der Kläger im konkreten Fall nicht.
Für die Annahme einer hoheitlichen Tätigkeit kommt es auch nicht darauf an, ob die zu veröffentlichten Unterlagen druckreif übermittelt werden oder vor der Einschaltung bearbeitet werden müssen. Nach § 10 Abs 2 Satz 1 UGB müssen Veröffentlichungen in leicht lesbarer Schrift erfolgen. Diese Anordnung dient dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, weshalb auch eine allenfalls notwendige Gestaltung von Druckunterlagen der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zuzuordnen ist. Das vom Kläger behauptete Motiv für die Verweigerung der Einschaltung (geringerer Preis aufgrund der vorbereiteten Komprimierung des Texts) ist für die Wertung der Tätigkeit der beklagten Partei als hoheitlich nicht relevant. Entscheidend ist, dass die beklagte Partei iZm den hier interessierenden Veröffentlichungen bei der Besorgung hoheitlicher Aufgaben mitwirken soll. Verletzt sie diese Pflicht durch eine (behauptete) unberechtigte Weigerung, die Veröffentlichung vorzunehmen, löst diese Unterlassung ausschließlich Amtshaftungsansprüche aus, nicht aber Ansprüche nach dem UWG. Hoheitsakte können nämlich niemals Wettbewerbshandlungen darstellen und nach dem UWG beurteilt werden.