19.05.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Zum patentrechtlichen Sicherungsverfahren

Die Patenterteilung schafft im Provisorialverfahren einen - allenfalls durch Gegenbescheinigungen zu entkräftenden - prima facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts


Schlagworte: Patentrecht, Patentverletzung, Unterlassung, Sicherungsverfahren, Bescheinigung, Erfindung
Gesetze:

§§ 147 ff PatG, § 1 Abs 1 PatG

GZ 17 Ob 4/11d, 12.04.2011

OGH: Die Patenterteilung schafft im Provisorialverfahren einen - allenfalls durch Gegenbescheinigungen zu entkräftenden - prima facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts. Die Vorfrage der Gültigkeit oder Wirksamkeit eines Patents kann auch im Provisorialverfahren geprüft werden, wenn in dieser Richtung eine Gegenbescheinigung angeboten ist, doch kann diese Prüfung nur mit den Mitteln des Provisorialverfahrens und in dessen Grenzen vorgenommen werden.

Ob eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist grundsätzlich eine Rechtsfrage. Da sich die Erfindungshöhe am Stand der Technik, also an dem Fachwissen, über das der "Durchschnittsfachmann" auf dem betreffenden Gebiet verfügt, orientiert, ist die Beurteilung, ob sich das eingetragene Patent für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, in erster Linie von einer Tatfrage abhängig, deren selbständige Beurteilung als Vorfrage sich aber dem Gericht im Verletzungsstreit schon mangels entsprechenden Fachwissens regelmäßig entziehen wird.

Zum § 1 Abs 1 PatG sinngleichen Art 56 EPÜ sprach der OGH aus, dass eine Erfindung dann auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn der Fachmann aufgrund des Stands der Technik zu ihr gelangen hätte können, sondern erst, wenn er sie aufgrund eines hinreichenden Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte.

Entscheidend ist daher, ob sich aus den von der Beklagten ins Treffen geführten Vorveröffentlichungen, insbesondere der französischen Patentschrift, allenfalls auch aus den in ihr enthaltenen technischen Zeichnungen, für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt die technische Lehre des Klagepatents in naheliegender Weise ergibt.