OGH: Die Bestimmungen der ÖNORM B 2111 normieren keine Pflicht des Auftraggebers zur Geltendmachung einer Preisminderung bei Gleitpreisen
Pkt. 2.1.3.3 der ÖNORM B 2111 idF 1.10.1981, Pkt. 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1.1.1992, § 914 ABGB
In seinem Erkenntnis vom 25.08.2005 zur GZ 6 Ob151/05g hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Punkte 2.1.3.3 der ÖNORM B 2111 idF 1.10.1981 und 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1.1.1992 eine Ausschluss- bzw. Verfallsfrist zu Lasten des Auftraggebers normierten und ob dies auch für den Fall zu gelten habe, dass eine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers nicht bestehe: Dem gegenständlichen Verfahren lag ein Bauauftrag mit Preisen zugrunde, die an eine Indexanpassung geknüpft waren. Die Klägerin begehrte die Zahlung von restlichen Baukosten, die von der Beklagten bei Zahlung der Schlussrechnung unter Hinweis auf eine sich ergebende Preisminderung in Abzug gebracht wurde. Die Klägerin brachte vor, diese Minderung sei nur zu berücksichtigen, wenn sie vom Auftraggeber rechtzeitig geltend gemacht worden wäre. Eine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers bestehe bei öffentlichen Indizes nicht, der Anspruch auf Preisminderung sei entsprechend der Verfallsklausel der maßgeblichen ÖNORMEN erloschen.
Der OGH führte dazu aus: Die entscheidungswesentlichen ÖNORMEN sind Vertragsbedingungen, die vom österreichischen Normungsinstitut herausgegeben wurden und entsprechend § 914 ABGB beschränkt auf ihren Wortlaut auszulegen. Wesentlich ist dabei, wie eine durchschnittliche Person des betreffenden Adressatenkreises diese verstehen würde, im Zweifel ist auf die Übung des redlichen Verkehrs zurückzugreifen. Die ÖNORMEN erfüllen werden den Begriff der allgemeinen Geschäftsbedingungen noch sind sie Ausfluss von Vertragsverhandlungen der Parteien. Aus den angeführten Bestimmungen ist zu entnehmen, dass der Auftragnehmer jedenfalls eine Preisumrechnung vorzunehmen hat, unabhängig davon, ob diese zu einer Erhöhung oder Ermäßigung führt, der Auftraggeber ein ausdrückliches Begehren geäußert hat oder der Auftragnehmer eine entsprechende Mitteilung gemacht hat. Die zu einer Ermäßigung führende Preisänderung kann daher vom Auftraggeber auch noch bei Zahlung der Schlussrechnung in Abzug gebracht werden, soweit sie vom Auftragnehmer nicht berücksichtigt wurde.