05.11.2005 Zivilrecht

OGH: Die Gültigkeit eines eigenhändig verfassten Testamentes erfordert, dass der Urkunde die wirksame Erbseinsetzung objektiv entnehmbar ist


Schlagworte: Erbrecht, Testament, Formvorschriften, Erblasser, Verfügung, Urkunde, Erklärung
Gesetze:

§ 578 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 31.08.2005 zur GZ 7 Ob 185/05i hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es notwendig ist, dass die gesamte letztwillige Verfügung leserlich ist und ob dies eine Frage der Form oder des Inhaltes der letztwilligen Verfügung ist:

Gegenstand dieses Verfahrens war eine letztwillige Verfügung, deren Lesbarkeit aufgrund des Alters und der Krankheit der Erblasserin massiv beeinträchtigt war. Streitpunkt war daher, ob die Urkunde aufgrund ihrer äußeren Form eine Erbseinsetzung enthalte, weil selbst unter Beiziehung eines Schriftsachverständigen ohne die Kenntnis des Inhalts nur Mutmaßungen über eine Erbseinsetzung möglich waren und sich damit die Frage stellte, ob überhaupt ein in gehöriger Form errichtetes Testament vorliegt.

Der OGH führte dazu aus: Die für Testamente geltenden Formvorschriften erfordern eine Erbseinsetzung und die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Diese zwingenden Vorschriften dienen einerseits dem Schutz des Erblassers, andererseits aber auch der Rechtssicherheit. Bei Nichteinhaltung liegt ein ungültiges Testament vor, selbst wenn die Verfügung dem Willen des Erblassers entspricht. Auch im Falle der Unleserlichkeit der letztwilligen Verfügung liegt keine rechtsgeschäftliche Erklärung und damit kein gültiges Testament vor, selbst wenn aufgrund äußerer Umstände die Bedeutung der Urkunde feststeht, weil diese nur zur Auslegung, aber nicht zur Feststellung des Inhaltes herangezogen werden dürfen.