OGH: Im Falle einer mangelnden Aufklärbarkeit des Sachverhaltes kann ein allfälliges Mitverschulden des Geschädigten nicht berücksichtigt werden
§ 15 EKHG, § 9 EKHG
In seinem Erkenntnis vom 22.09.2005 zur GZ 2 Ob 260/04f hatte sich der OGH mit der Frage der Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität einer durch das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten (oder Tieres) ausgelösten Betriebsgefahr auseinanderzusetzen:
Der Kläger erlitt eine schwere Körperverletzung, indem er aus einem fahrenden Zug stürzte, als er die Toilette aufsuchen wollte. Neben Schadenersatz und Heilungskosten begehrte er auch die Zahlung einer Verdienstentgangsrente. Der tatsächliche Unfallhergang konnte von den Vorinstanzen nicht geklärt werden. Der Kläger bekämpfte das Urteil nur insoweit, als es abweichend von seinem Begehren eine niedrigere Verdienstentgangsrente zusprach.
Der OGH führte dazu aus: Eine Haftung nach den Bestimmungen des EKHG für einen Schaden, der beim Betrieb einer Eisenbahn eingetreten ist, tritt nur dann nicht ein, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ausgelöst wurde. Die Behauptungs- und Beweislast für dessen Vorliegen trifft den Eisenbahnunternehmer. Kann wie im vorliegenden Fall ein Unfallgeschehen nicht nachvollzogen werden, weil mehrere Sachverhalte in Betracht kommen, ist im Zweifel aufgrund der Beweislastregel von solchen Voraussetzungen auszugehen, die für den Geschädigten am günstigsten und für den Fahrzeughalter am nachteiligsten anzusehen sind. Ein nicht feststellbarer Sachverhalt führt darüber hinaus auch dazu, dass ein Mitverschulden des Geschädigten nicht erfolgreich eingewandt werden kann.