24.12.2005 Zivilrecht

OGH: Hat sich der Eigentümer das Recht vorbehalten, die Sache jederzeit zurückzufordern, dann liegt kein Bestandvertrag vor; Kontrahierungszwang besteht dort, wo faktische Übermacht eines Beteiligten ihm die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" gibt


Schlagworte: Vertragsrecht, Gestattungsvertrag, Sondergebrauch, Straße, Widerruf
Gesetze:

§§ 2, 5 Tiroler StraßenG, § 82 StVO, § 859 ABGB

In seiner Entscheidung vom 06.10.2005 zur GZ 6 Ob 191/05i hatte sich der OGH mit der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auseinander zu setzen:

Die Beklagten betreiben ein Souvenirgeschäft in einer Gasse, deren Eigentümer die Gemeinde (Klägerin) ist. Vor dem Geschäft ist ein Warenständer (65 cm x 65 cm) aufgestellt; eine verwaltungsrechtliche Bewilligung der MA II besteht für 0,5 m² unter der Voraussetzung des Einvernehmens mit dem Eigentümer. Die Zustimmung der Klägerin erfolgte gegen jederzeitigen Widerruf, wofür ein jährlicher Anerkennungszins zu zahlen ist. Die eingeräumte Fläche wurde von den Beklagten - wie auch von weiteren Gewerbetreibenden in der Gasse - regelmäßig überschritten. Die Klägerin widerrief ihre Zustimmung. Der OGH führte dazu aus: Gegenständlich liege ein Sondergebrauch vor. Die Beklagten verfügten über eine befristete straßenverkehrsbehördliche Genehmigung und eine unbefristete privatrechtliche Zustimmung der Klägerin. Die Zustimmung der Klägerin sei in Form eines Gestattungsvertrages (Innominatvertrag- Ausgestaltung durch Straßenrecht) erfolgt. Die Klägerin unterliege dem Kontrahierungszwang (Monopolstellung der Straßenverwaltung), weshalb ein guter sachlicher Grund für den Widerruf vorliegen müsse. Dieser liege gegenständlich nicht vor; Vertragsverletzungen rechtfertigen nicht generell die Auflösung eines Schuldverhältnisses, es müsse vielmehr die Unzumutbarkeit der Vertragfortsetzung vorliegen.