30.12.2005 Zivilrecht

OGH: Für die Pflicht des Fahrzeughalters, die Inbetriebnahme seines KFZ durch Unbefugte zu verhindern, besteht ein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verschuldenshaftung, Gefährdungshaftung, Schwarzfahrt
Gesetze:

§ 6 EKHG, §§ 15, 16 EKHG, § 102 Abs 6 KFG, § 1295 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 20.10.2005 zur GZ 2 Ob 230/05w hatte sich der OGH mit der Pflicht zur Verhinderung von Schwarzfahrten auseinanderzusetzen:

Der Kläger begehrte die Feststellung der Haftung des Erstbeklagten als Halter des unfallverursachenden PKW und der Zweitbeklagten als Haftpflichtversicherer über die Haftungshöchstbeträge des EKHG hinaus für alle künftigen Schäden, die aus einem Verkehrsunfall resultieren, bei welchem der Kläger verletzt wurde. Der Unfall wurde dadurch verursacht, dass der Erstbeklagte seinen Schlüsselbund, an dem sich sein Autoschlüssel befand, an der Innenseite seiner Haustür stecken ließ und dadurch eine unbefugte Benützung seines PKW durch seinen minderjährigen und autovernarrten Bekannten ermöglichte.

Der OGH führte dazu aus: Für eine Verschuldenshaftung, die über die betraglich begrenzte Gefährdungshaftung des EKHG hinausgeht, reicht nicht aus, dass der Halter eine unbefugte Benützung des KFZ ermöglicht hat, sondern es muss ein darüber hinausgehendes Verschulden vorliegen. An die sich aus § 102 Abs 6 KFG ergebende Sorgfaltspflicht des Fahrzeughalters zur Verhinderung von Schwarzfahrten sind strengste Anforderungen zu stellen. Dieses Maß wird noch zusätzlich erhöht, wenn es um solche Personen geht, die in einer besonderen Beziehung zum Fahrzeughalter stehen und mit der Möglichkeit einer Schwarzfahrt zur rechnen ist. Wenn für den Fahrzeughalter eine solche Risikosituation erkennbar ist, muss er alle erdenklichen Verwahrungsmaßnahmen ergreifen, um einen Zugriff des Schwarzfahrers auszuschließen. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall eines unabwendbaren Zufalls.