17.03.2006 Zivilrecht

OGH: Eine Belehrungspflicht kann für den Rechtsanwalt dann nicht gegeben sein, wenn ein allfälliger Schaden durch Unterlassung der Aufklärung gar nicht vorhersehbar ist


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verwaltungsverfahren, Sorgfaltspflicht
Gesetze:

§ 9 RAO, § 1009 ABGB, §§ 34 Abs 2, 33 Abs 1 VwGG

In seinem Erkenntnis vom 25.01.2006 zur GZ 9 Ob 37/05i hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Rechtsanwalt auch dann haftet, wenn durch einen ihm anzulastenden Fehler seiner Mandantin die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung genommen wird, weil die vereinbarte Rückziehung des Rechtsmittels durch Einstellung des Verfahrens unmöglich geworden ist.

Die Klägerin bekämpfte den Umbau einer Eisenbahnkreuzung im Verwaltungsweg, weil es ihr als grundbücherliche Eigentümerin dadurch nicht mehr möglich war, mit den von ihr produzierten und noch nicht zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen die Produktionshalle und die Teststrecke ohne zusätzliche Kosten zu erreichen. Mit der ÖBB wurde der Rückbau der Eisenbahnkreuzung vereinbart, sofern die Klägerin ihre Berufung und Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zurückziehen würde. Nachdem der Rechtsvertreter im Verwaltungsverfahren eine Mängelbehebung versäumte und das Verfahren eingestellt wurde, zog die ÖBB den Antrag auf Bewilligung des Rückbaus unerwartet zurück.

Der OGH führte dazu aus: Rechtsanwälte sind verpflichtet, die Interessen ihrer Mandanten zu wahren und sie rechtlich zu beraten, wobei die Sorgfaltspflicht jedoch nicht überspannt werden darf, sondern nach dem Fleiß und den Kenntnissen entsprechend seines Fachkreises zu beurteilen ist. Der Klient hat seinerseits dem Rechtsanwalt alle Tatsachen wahrheitsgemäß mitzuteilen, ohne dass deren Zutreffen durch diesen überprüft werden müsste. Die Versäumung einer Verbesserungsfrist führt zur Einstellung des Verfahrens und die Beschwerde gilt als zurückgezogen, insofern wurde die außergerichtliche Vereinbarung gerade dadurch erfüllt. Damit ist der Schadenersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht gegeben.