21.04.2006 Zivilrecht

OGH: Bei der Verschuldensfrage ist relevant, welche Partei mit der schuldhaften Zerstörung der Ehe begonnen und wer den entscheidenden Beitrag zur Zerrüttung geleistet hat


Schlagworte: Eherecht, Verschulden, Eheverfehlung
Gesetze:

EheG

In seiner Entscheidung vom 25.01.2006 zur GZ 9 Ob 60/05x hatte sich der OGH mit der Verschuldensfrage bei Scheidung auseinander zu setzen:

Die Klägerin stammt aus einer einfachen Bauernfamilie und wurde vom Beklagten im Laufe der Ehe ständig herabgewürdigt. Alles musste nach den Vorstellungen des Beklagten geschehen; er respektierte weder die Klägerin noch deren Familie. Dem Beklagten missfiel der Kontakt der Klägerin mit ihrer Familie, diese wiederum mochte den Bruder des Beklagten nicht. Der OGH führte dazu aus: Bei der Gewichtung von beiderseitigen Eheverfehlungen komme es nicht auf deren Anzahl an; es müsse vielmehr das Gesamtverhalten betrachtet werden. Entscheidend sei der Grad ihrer Vorwerfbarkeit und ihr Schuldgehalt. Das beherrschende und respektlose Verhalten des Beklagten habe die Zerrüttung der Ehe eingeleitet und sei auch die Hauptursache dafür gewesen. Die von der Klägerin gesetzten Eheverfehlungen (Abneigung gegen den Bruder, lautes Zuschlagen von Türen, Verpflegungsverweigerung) könnten zwar nicht als bloße Reaktionen gewertet werden, hätten aber auch nicht das Ausmaß der vom Beklagten gesetzten Eheverfehlungen. Aus diesem Grund sei dem Beklagten das überwiegende Verschulden anzulasten.