05.05.2006 Zivilrecht

OGH: Die ziffernmäßige Schadensfeststellung im Falle von nach wie vor gehaltenen Wertpapieren ist aufgrund der Kursschwankungen willkürlich und damit nicht zulässig


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Kapitalveranlagung, Kursverluste, Schadensfeststellung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

In seinem Erkenntnis vom 23.02.2006 zur GZ 8 Ob 123/05d hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Einbringung einer Leistungsklage aus dem Titel des Schadenersatzes erfordere, dass der geschädigte Anleger bereits zuvor die Wertpapiere verkauft habe:

Der Kläger investierte nach einem Beratungsgespräch durch die Beklagte in Aktienfonds, die ein sehr hohes Risiko aufwiesen. Nachdem diese Aktien einen hohen Kursverlust aufwiesen, begehrt der Kläger nunmehr Schadenersatz, weil die Beratung nicht sachgerecht erfolgt sei und die Fonds den Vorgaben, die der Kläger für die von ihm gewünschte Veranlagung gesetzt habe, nicht entsprechen würden. Die Beklagte wandte unter anderem ein, dass dem Kläger ein Verlust und damit ein Schaden noch gar nicht entstanden seien, weil dieser die Wertpapiere noch nicht verkauft habe.

Der OGH führte dazu aus: Grundsätzlich steht dem Geschädigten im Falle einer pflichtwidrigen Anlageberatung ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Bei der Feststellung des Schadensausmaßes ist von einer Gesamtbetrachtung auszugehen, d.h. es ist nicht nur auf den Zeitpunkt der Schädigung abzustellen, sondern es sind auch künftige Entwicklungen im gesamten Vermögen des Geschädigten zu berücksichtigen. Solange der Anleger demnach seine Wertpapiere hält, sind diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit künftigen Kursschwankungen unterworfen, sodass eine Schadensfeststellung im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz willkürlich wäre. Dem Kläger steht daher lediglich ein Feststellungsanspruch zu, weil der Schaden noch gar nicht beziffert werden kann.