OGH: Die Auflösung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grund trotz Kündigungsverzicht ist nur zulässig, wenn sich diese als "äußerstes Notventil" erweist
§ 19 Abs 2 Z 5 MG, § 30 Abs 2 Z 8 MRG, § 1118 ABGB
In seinem Beschluss und Erkenntnis vom 24.05.2006 zur GZ 6 Ob 106/06s hatte sich der OGH mit der Frage nach der Wirksamkeit eines vom Bestandgeber abgegebenen Kündigungsverzicht auseinanderzusetzen:
Obwohl die Klägerin als Eigentümerin der gegenständlichen Wohnung hinsichtlich des mit dem Beklagten auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrages einen Kündigungsverzicht abgegeben hatte, kündigte diese das Mietverhältnis wegen dringendem Eigenbedarf ihrer Tochter. Diese sei aufgrund einer Erkrankung in eine existentielle Notlage geraten und auf die unentgeltliche Wohnmöglichkeit angewiesen. Der Beklagte wandte ein, die Klägerin verfüge selbst über eine 100m² große Wohnung, weshalb ihr durchaus ein Zusammenleben mit der Tochter zumutbar sei.
Der OGH führte dazu aus: Ein Bestandverhältnis, für welches ein Kündigungsverzicht abgegeben wurde, kann dennoch aufgelöst werden, wenn entsprechend dem § 1118 ABGB in der Person des Bestandnehmers Gründe vorliegen, die eine Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses für den Bestandgeber unzumutbar machen. Für den Bereich solcher Bestandverhältnisse, die nicht dem MRG unterliegen, wurde durch den OGH bereits ausgesprochen, dass eine Lösung trotz Kündigungsverzichts auch dann möglich ist, wenn sonstige Gründe vorliegen, die eine Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses begründen. Ob dieser Grundsatz auch im Bereich des MRG anzuwenden ist, muss jedoch dahingestellt bleiben, weil im gegenständlichen Fall der dringende Eigenbedarf nicht gegeben ist, steht doch der Klägerin eine 100m² große Wohnung und damit die Möglichkeit einer Neuverteilung der Räumlichkeiten zur Verfügung.