OGH: Wenn der an der Ehre Verletzte für den Medieninhaber objektiv erkennbar aus einem anderen Grund als jenem des § 6 Abs 2 Z 1 MedienG auch gegen den Urheber der Äußerung schutzlos bliebe, kommt der Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG nicht zum Tragen
§ 6 MedienG
In seinem Beschluss vom 29.06.2006 zur GZ 6 Ob 128/06a hat sich der OGH mit der Ehrenbeleidigung befasst:
In einem Massenmedium wurde ein anonymes Schreiben (ungeprüft) mit massiv ehrverletztenden Vorwürfen zitiert. Die Medieninhaberin vertritt die Auffassung, das Zitat sei durch § 6 Abs 2 Z 4 MedienG gerechtfertigt.
Dazu der OGH: Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG ist Voraussetzung für diesen Rechtfertigungsgrund nicht nur, dass es sich um die wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten handelt, sondern dass zudem ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der zitierten Äußerung besteht. In diesem Sinne hat der OGH in stRsp die Auffassung vertreten, dass auch die Interessen des Verletzten zu bedenken sind, die nach dem Willen des Gesetzgebers gegenüber denjenigen des Medieninhabers nur deshalb zurücktreten sollen, weil er sich immer noch gegen den Dritten zur Wehr setzen kann, dessen Äußerung wahrheitsgetreu wiedergegeben wurde. Daraus sei abzuleiten, dass jedenfalls dann, wenn der Verletzte für den Medieninhaber objektiv erkennbar aus einem anderen Grund als jenem des § 6 Abs 2 Z 1 MedienG auch gegen den Urheber der Äußerung schutzlos bliebe, der Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG nicht zum Tragen kommen könne.