08.09.2006 Zivilrecht

OGH: Ein Urteilsbegehren nach § 364 Abs 3 ABGB setzt nicht jedenfalls voraus, dass in ihm die angestrebte Untersagung des Entzugs von Licht oder Luft durch ein bestimmtes, in der Natur jederzeit nachvollziehbares Maß bezeichnet wird


Schlagworte: Sachenrecht, Klagevorbringen, Lichtimmissionen, ortsüblich, Bestimmtheit, exakte Messeinheit
Gesetze:

§ 364 ABGB, § 226 Abs 1 ZPO

In seinem Beschluss vom 11.07.2006 zur GZ 1 Ob 130/06h hat sich der OGH mit dem nicht ortsüblichen Entzug von Licht im Sinn des § 364 Abs 3 ABGB und der Frage befasst, wie konkret ein entsprechendes Klagevorbringen sein muss:

Nach dem Klagebegehren sollen die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt werden, es zu unterlassen, "auf ihren Liegenschaften insbesondere am Grundstück 501/1 Pflanzen und insbesondere Bäume zu setzen, zu pflegen und zu erhalten", durch die der Liegenschaft des Klägers "Licht in einem das ortsübliche Ausmaß (§ 364 Abs 2 ABGB) überschreitenden Ausmaß entzogen" werde. Das Erstgericht erörterte das Klagebegehren "im Hinblick auf § 226 Abs 1 ZPO" und wies es in der Folge "mangels Bestimmtheit" ab, weil der Kläger dessen Konkretisierung unterlassen hatte.

Dazu der OGH: Die in der Rechtsprechung zu Lärmimmissionen entwickelten Grundsätze sind auf die von einer benachbarten Liegenschaft ausgehenden Lichteinwirkungen übertragbar. Bei Ersteren muss ein Unterlassungsbegehren nicht stets durch die Angabe einer exakten Messeinheit präzisiert sein, um - insbesondere in einem späteren Exekutionsverfahren - zulässige von unzulässigen Immissionen unterscheiden zu können. Es ist ferner nicht am Wortlaut des Urteilsbegehrens zu haften, dieses ist vielmehr nach dem Inhalt des gesamten Klagevorbringens zu verstehen. Manche Fälle, in denen es zweckmäßig oder sogar geboten ist, das höchstzulässige Ausmaß beanstandeter Immissionen präzise in Messeinheiten anzugeben, dürfen nicht generalisiert werden. Gerade bei Lichteinwirkungen zur Nachtzeit in Schlafräumen kann - ebenso wie bei dem die Nachtruhe beeinträchtigenden Lärm - vielfach auch ohne exakte Messungen beurteilt werden, ob die beanstandeten Immissionen das nach § 364 Abs 2 ABGB zulässige Ausmaß überschreiten.

Was für die Unterlassung nicht ortsüblicher Lichtimmissionen gilt, muss im Kern für den umgekehrten Fall eines nicht ortsüblichen Entzugs von Licht im Sinn des § 364 Abs 3 ABGB gleichfalls gelten.