OGH: Im Kindschaftsrecht ist das Kindeswohl das grundsätzliche Kriterium, welches es bei jeder Entscheidung zu beachten gilt
Art 8 MRK, § 37 Abs 2 PersonenstandsG, § 180a ff ABGB
In seinem Beschluss vom 10.08.2006 zur GZ 2 Ob 129/06v hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Inkognitoadoption zu einer Gefährdung des Kindeswohls führt sowie mit der verfassungskonformen Auslegung des § 88 AußStrG:
Von den beiden Vorinstanzen wurde die Bewilligung der Inkognitoadoption des mj. Wahlkindes mit der Begründung abgelehnt, dass eine solche grundsätzlich das Kindeswohl gefährde. Zwar lag die Zustimmung der leiblichen Mutter zu der Annahme an Kindesstatt vor, jedoch verweigerte diese die Angabe des biologischen Vaters. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, dass ein Kind das Recht darauf habe, seine Eltern zu kennen und von diesen betreut zu werden. Das Rekursgericht hält die Inkognitoadoption darüber hinaus auch verfassungsrechtlich für bedenklich, weil das Recht des Kindes auf Information über seine persönliche Identität nach Art 8 EMRK verletzt werde.
Der OGH führte dazu aus: Soweit eine Mutter von ihrem Recht, den Vater ihres Kindes zu verschweigen, Gebrauch macht, entfällt das Zustimmungsrecht des leiblichen Vaters zur Annahme an Kindes statt. Die österreichische Rechtsordnung gewährleistet dem Adoptivkind in ausreichendem Ausmaß ein Recht auf Kenntnis seiner Herkunft, in dem dieses nach Erreichen des 14. Lebensjahres das Recht auf Einsicht in den Adoptionsakt erhält. Lediglich die leiblichen Eltern erhalten weder Auskunft über die Annehmenden noch ein Recht auf Akteneinsicht. Dadurch wird sowohl dem Interesse des Wahlkindes, Auskunft über seine Herkunft zu erhalten, als auch dem Interesse der leiblichen Eltern bzw. der Mutter, jeglichen Kontakt zu unterbinden -für zumindest einen gewissen Zeitraum - Rechnung getragen.