20.10.2006 Zivilrecht

OGH: Trotz gegenteiliger Meinung der Lehre sind die Bestimmungen der §§ 377 ff HGB auf einseitige Handelsgeschäfte nicht analog anzuwenden


Schlagworte: Handelsrecht, Internetrecht, Rügeobliegenheit, Kaufmann, GesbR
Gesetze:

§ 377 HGB

In seinem Beschluss vom 10.08.2006 zur GZ 2 Ob 141/06h hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Internetpräsentation eines Unternehmens eine geeignete Grundlage für die Beurteilung deren Kaufmannseigenschaft bilde:

Die Kläger sind Inhaber einer Werbeagentur, welche die Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts aufweist, und bestellten bei dem beklagten Druckereiunternehmen Papiertragetaschen, deren Qualität jedoch vom Abnehmer bemängelt wurde. Dem Gewährleistungs- und Schadenersatzbegehren der Kläger hielt die beklagte Partei entgegen, dass diese die ihr obliegende Rügepflicht verletzt habe, weil diese als Kaufleute anzusehen seien. Diesem Einwand folgten die Vorinstanzen, nachdem eine Einsicht in die Homepage der Kläger ergeben habe, dass diese über einen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb verfügen würden.

Der OGH führte dazu aus: Die Kaufmannseigenschaft ist im derzeit noch in Geltung stehenden HGB taxativ geregelt. Weder betreibt eine Werbeagentur ein Grundhandelsgewerbe, noch ist eine Eintragung in das Firmenbuch erfolgt. Wenn durch das Auftreten im Geschäftsverkehr ein Rechtsschein erzeugt wird, der den Geschäftspartner annehmen lässt, er habe es mit einem Kaufmann zu tun, ist ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Eine analoge Anwendung der §§ 377 ff HGB auf einseitige Handelsgeschäfte ist abzulehnen, weil es sich dabei um eine Sonderregelung handelt, deren Geltung sich auf zweiseitige Handelsgeschäfte erstreckt.