09.11.2006 Zivilrecht

OGH: Dem Bauherren ist es nicht als Verletzung seiner Erkundungsobliegenheit anzulasten, wenn der von ihm mit der Bauaufsicht Beauftragte seine Vertragspflicht ihm gegenüber nicht ordnungsgemäß erfüllt und er deshalb nicht schon bei Abnahme der Leistungen vom Schaden Kenntnis erlangte


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verjährung, Bauaufsicht, Erkundungsobliegenheit
Gesetze:

§ 1489 ABGB, §§ 1295 ff ABGB

In seinem Beschluss vom 30.08.2006 zur GZ 7 Ob 17/06k hat sich der OGH mit der Frage befasst, wann die dreijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche aus mangelhaft erbrachten Bauleistungen zu laufen beginnt:

OGH: Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Geschädigten sowohl der Schaden, die Person des Schädigers und die Schadensursache bekannt geworden ist. Die Kenntnis muss den gesamten anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, dazu gehört die Kenntnis des Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, den Schädiger anzulastenden Verhalten sowie - in Fällen der Verschuldenshaftung - die Kenntnis jener Umstände, die ein Verschulden des Schädigers begründen. Der maßgebende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten. Bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände genügen nicht. Der Geschädigte darf sich aber nicht einfach passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von den für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung wesentlichen Tatsachen eines Tages zufällig Kenntnis erlangen wird. Kann er diese Umstände ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen, so gilt die Kenntnis schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in dem sie ihm bei angemessener Erkundung zuteil geworden wäre. Der Geschädigte darf mit der Klagseinbringung nicht solange zuwarten, bis er den Rechtsstreit mit Sicherheit zu gewinnen glaubt.

Dem Bauherren ist es nicht als Verletzung seiner Erkundungsobliegenheit anzulasten, wenn der von ihm mit der Bauaufsicht Beauftragte seine Vertragspflicht ihm gegenüber nicht ordnungsgemäß erfüllt und er deshalb nicht schon bei Abnahme der Leistungen vom Schaden Kenntnis erlangte. Nach stRsp dient nämlich die Bauaufsicht nicht dazu, die Werkunternehmer von ihren persönlichen, sie als "Fachmann" treffenden Verpflichtungen zur mängelfreien Werkherstellung zuentlasten. Auch der Bauaufsichtausführende darf wie der Bauherr selbst auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen und hat nur dort einzuschreiten, wo für ihn Fehler erkennbar werden.