07.12.2006 Zivilrecht

OGH: Die Vereinbarung des Landes Niederösterreich mit dem Betreiber einer Betreuungseinrichtung über die Übernahme der Betreuung behinderter Menschen entfaltet Schutzwirkungen zu Gunsten der dort Betreuten


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, Sozialhilfe
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

In seinem Beschluss vom 11.10.2006 zur GZ 7 Ob 175/06w hat sich der OGH mit dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter befasst: Die Erstbeklagte ist eine Vereinigung, die sich um geistig behinderte Menschen kümmert. Die Behinderten werden mit Bescheid des Landes Niederösterreich auf Basis des NÖ Sozialhilfegesetzes (NÖ SHG) in eine Einrichtung der Erstbeklagten eingewiesen. Die Erstbeklagte schloss mit dem Amt der NÖ Landesregierung eine Vereinbarung, wonach sie die Betreuung der behinderten Menschen im Wohnhaus P***** übernahm. Es wurde vereinbart, dass die Erstbeklagte für jeden dieser behinderten Menschen die Pflichten übernehme, sie intern unterzubringen, zu betreuen und zu verpflegen. Weiters wurde vereinbart, dass der Erstbeklagten für jeden vom Amt der NÖ Landesregierung eingewiesenen Behinderten S 220.500,-- brutto jährlich als Pauschale für die Unterbringung im Wohnhaus zustünden. Während einer Einkaufstour mit einem Betreuer der Erstbeklagten lief der Kläger, er ist im Wohnhaus P***** untergebracht, in ein Auto und wurde schwer verletzt.

Dazu der OGH: Die Vereinbarung des Landes Niederösterreich mit dem Betreiber einer Betreuungseinrichtung über die Übernahme der Betreuung behinderter Menschen entfaltet Schutzwirkungen zu Gunsten der dort Betreuten. Eine Haftung des Landes Niederösterreich aus dem Titel des Schadenersatzes für eine vom Betreiber der Betreuungseinrichtung zu verantwortende Schädigung des Betreuten ist aus dessen sich aus dem NÖ SHG ergebenden öffentlich-rechtlichen Beziehung zum Land Niederösterreich nicht abzuleiten. Kann der Kläger aber demnach vom Land Niederösterreich keinen Schadenersatz erlangen, ist dem - mit einem solchen Schadenersatz begründeten- Einwand dagegen, dass der Vertrag zwischen dem Land und der Erstbeklagten Schutzwirkungen zu Gunsten des Klägers entfaltet, der Boden entzogen.