OGH: Die Überweisung an einen anderen selbstständig tätigen Facharzt begründet einen weiteren Behandlungsvertrag zwischen diesem und dem Patienten und führt nicht zu einer Erfüllungsgehilfenhaftung des überweisenden Arztes
§ 1313a ABGB, § 31 Abs 3 ÄrzteG
In seinem Erkenntnis vom 11.10.2006 zur GZ 7 Ob 136/06k hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Bestimmung des § 1313a ABGB auch dann anzuwenden ist, wenn ein freiberuflicher Arzt einen weiteren Facharzt zur Erstellung einer Diagnose beauftragt:
Der Beklagte ist von Beruf Hautarzt und hatte als solcher bei der Klägerin, die bei ihm in Behandlung stand, den Verdacht, dass ein bösartiger Tumor vorliegen könnte. Der Beklagte führte daher mehrere Biopsien durch und übersandte diese Gewebeproben an das Labor des Nebenintervenienten, durch welches die Hautveränderungen unrichtigerweise als gutartig diagnostiziert wurden. Nachdem der Tumor infolge der falschen Befunde erst verspätet erkannt und die Krankheit der Klägerin dadurch wesentlich ungünstiger verlief, begehrt diese nunmehr Ersatz für die erlittenen physischen und psychischen Schmerzen. Der Beklagte lehnt eine Haftung für den Fehler des Laboratoriums ab, weil dieses nicht als sein Gehilfe anzusehen wäre, sondern diese Leistungen abgesondert in Anspruch genommen worden seien.
Der OGH führte dazu aus: Die Behandlung durch einen Belegarzt stellt einen fächerübergreifenden Vertrag dar, weshalb der Arzt für die Personen, derer er sich zur Erfüllung dieses Vertrages bedient, nach § 1313a ABGB einzustehen hat. Im Gegensatz dazu erstreckt sich der Behandlungsvertrag mit einem Facharzt nur auf dessen Aufgabengebiet. Soweit daher eine Behandlung oder Untersuchung nicht in das Fachgebiet des betreffenden Arztes fällt, ist dieser gesetzlich verpflichtet, den Patienten an einen anderen selbstständigen Facharzt zu überweisen. Soweit dabei auch die Auswahl eines konkreten Arztes getroffen und eine Gewebeprobe direkt übersandt wird, handelt der überweisende Arzt als offener Stellvertreter des Patienten, womit mittelbar ein weiterer Behandlungsvertrag zustande kommt. Eine Erfüllungshaftung des überweisenden Arztes ist daher abzulehnen.