28.12.2006 Zivilrecht

OGH: Der Beschenkte hat das Vorliegen der sittlichen Pflicht iSd § 785 Abs 3 ABGB zu beweisen


Schlagworte: Erbrecht, befreite Schenkungen, Beweislast
Gesetze:

§ 785 Abs 3 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 09.11.2006 zur GZ 6 Ob 170/05a hat sich der OGH mit der Behauptungs- und Beweislast zum Thema der Nichtanrechnung von aus sittlicher Pflicht gemachten Schenkungen iSd § 785 Abs 3 ABGB befasst:

OGH: Maßstab bei der Auslegung des Begriffes "sittliche Pflicht" des § 785 Abs 3 ABGB ist der maßstabgerechte Durchschnittsmensch. Eine Schenkung, mit der einer sittlichen Pflicht entsprochen wurde, ist nur dann anzunehmen, wenn hiezu eine besondere, aus den konkreten Umständen des Falls erwachsene, in den Geboten der Sittlichkeit wurzelnde Verpflichtung des Schenkers (Erblassers) bestand. Dies lässt sich nur unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen Schenker und Beschenktem, ihres Vermögens und ihrer Lebensstellung entscheiden. Unter die Lebensverhältnisse fallen auch die Verhältnisse anderer Beteiligter. In den Hauptanwendungsfällen beruht die Schenkung aus sittlicher Pflicht auf familiärer Bindung oder einer Notlage des Beschenkten. Die Schenkung muss aber auch dem Umfang nach einer sittlichen Pflicht entsprechen. Die sittliche Pflicht kann nur insoweit bestehen, als das nach der Vermögens- und Einkommenssituation der Beteiligten vernünftige Maß nicht unverhältnismäßig überschritten wird. Der Beklagte hat die für seinen Rechtsstandpunkt (d.i. das Vorliegen des Tatbestands des § 785 Abs 3 erster Satz ABGB) günstigen, die Klageansprüche hindernden Tatsachen zu beweisen.