OGH: Grobe Fahrlässigkeit kann auch dadurch bewirkt werden, dass der Gehilfe über seine Pflichten mangelhaft informiert wird
§ 1298 ABGB, §§ 1313a, 1315 ABGB
In seinem Beschluss vom 27.06.2006 zur GZ 10 Ob 47/06v hatte sich der OGH mit der Grundsätzen der Beweislastverteilung auseinanderzusetzen:
Die klagende Partei begehrte den Ersatz des Schadens, der ihr durch den Bruch eines Isolierglaselements entstanden war. Dieses Element sollte in eine Hausfassade eingebaut werden. Zu diesem Zweck wurde zwischen den Streitteilen vereinbart, dass die beklagte Partei einen dafür geeigneten LKW samt Fahrer bereitstellen sollte und diese ohne nähere Konkretisierung für allfällige Beschädigungen nicht einzustehen habe. Die klagende Partei stützt ihr Begehren auf den Umstand, dass die beklagte Partei einen für diese Tätigkeit ungeeigneten Mitarbeiter eingesetzt habe, während die beklagte Partei den Einwand erhob, dass die Monteure der klagenden Partei den Bruch der Glastafel zu verantworten hätten. Während das Erstgericht das Klagebegehren aufgrund des deutlichen Mitverschuldens der Arbeiter der klagenden Partei und dem geringfügigen Verschulden des LKW-Fahrers, für welches ein Haftungsausschluss vereinbart wurde, abwies, gab das Gericht zweiter Instanz der Klage Folge, weil der beklagten Partei der Nachweis nicht gelungen sei, dass ihrem Mitarbeiter kein oder nur ein geringfügiges Verschulden treffe.
Der OGH führte dazu aus: Aus der Bestimmung des § 1298 ABGB ist abzuleiten, dass sich die Beweislastumkehr nur auf leichte Fahrlässigkeit erstreckt und daher der Geschädigte das Vorliegen von groben Verschulden zu beweisen hat. Wurde die Haftung für leichte Fahrlässigkeit vertraglich ausgeschlossen, obliegt es dem Schädiger darzulegen, dass ihm kein grobes Verschulden zur Last zu legen ist. Soweit eine Tatsache, die strittig und entscheidungswesentlich ist, bereits fest steht, erübrigt sich die Frage, wen die Beweislast im Einzelfall tatsächlich trifft. Die Beweislastregeln kommen daher gerade nur dann zur Anwendung, wenn ein Beweis eben nicht erbracht werden kann. Bei der Entscheidung, welcher Grad der Fahrlässigkeit vorliegt, ist auf die Schwere des Sorgfaltsverstoßes abzustellen sowie auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Bedient sich der Geschäftsherr eines Gehilfen, kann ein vorwerfbares Verhalten auch dadurch begründet werden, dass der Gehilfe über seine Aufgaben nur mangelhaft aufgeklärt wird.