OGH: Künftige Entwicklungen der Einkommens- und Leistungsverhältnisse sind, soweit möglich, bei der Bemessung des Unterhaltsentganges nach § 1327 ABGB im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen
§ 1327 ABGB
In seinem Erkenntnis vom 30.11.2006 zur GZ 2 Ob 99/06g hat sich der OGH mit der Berechnung des Unterhaltsentganges der Witwe nach § 1327 ABGB befasst:
OGH: Da die zustehenden Schadenersatzansprüche in § 1327 ABGB erschöpfend aufgezählt sind, kommt ein Ersatz nur für entgangene Leistungen mit Unterhaltscharakter in Betracht. Die Hinterbliebenen sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Bei der Bemessung ihrer Schadenersatzansprüche ist grundsätzlich von den Verhältnissen (bis) zum Todes- bzw Verletzungszeitpunkt auszugehen. Dies gilt insbesondere für das Einkommen des Getöteten. Künftige Entwicklungen der Einkommens- und Leistungsverhältnisse sind, soweit möglich, bei der Bemessung im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen. Künftig Entgehendes ist daher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge (§ 1293 ABGB) zu bemessen. Demnach ist auch zu berücksichtigen, wenn eine ernstliche und konkrete Absicht der Ehegatten bestand, dem Ehemann ab einem bestimmten Zeitpunkt die Führung des Haushaltes aufzuerlegen.
Der Anspruch des hinterbliebenen Ehegatten auf Beistand durch den getöteten Ehegatten in der Haushaltsführung ist dem Unterhaltsanspruch im Sinne des § 1327 ABGB gleichzustellen. Dem hinterbliebenen Ehegatten gebührt für die entgangenen Beistandsleistungen Ersatz, und zwar unabhängig davon, ob eine Hilfskraft eingestellt wird oder ob sich der Hinterbliebene und seine Kinder allein oder mit Hilfe anderer Angehöriger behelfen.
Eigenes Einkommen des hinterbliebenen Ehegatten ist auf dessen Ansprüche nach § 1327 ABGB anzurechnen, wenn er es schon zu Lebzeiten des Getöteten freiwillig zur Gänze oder teilweise zur Bestreitung des eigenen Unterhalts verwendet hat. In Fällen, in denen beide Ehegatten ihr Einkommen für die Fixkosten, den Unterhalt der Kinder und den Lebensbedarf des Partners anteilsmäßig zur Verfügung stellen, ist nach stRsp der Unterhaltsentgang des hinterbliebenen Ehegatten in Rücksicht auf das Gesamteinkommen der Ehegatten wie folgt zu berechnen: Das Gesamteinkommen der Ehegatten ist zunächst um die fixen Haushaltskosten zu vermindern; sodann ist zu ermitteln, welche Anteile des verbleibenden Betrages zur Deckung der Bedürfnisse der einzelnen Familienmitglieder aufgewendet wurden. Zur Konsumquote des hinterbliebenen Ehegatten ist der vom Getöteten (entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten) getragene Fixkostenanteil hinzuzurechnen. Davon ist nicht das gesamte Eigeneinkommen des Hinterbliebenen abzuziehen, sondern nur der dem Eigeneinkommen des Hinterbliebenen entsprechende Betrag vermindert um den Fixkostenanteil des Hinterbliebenen (entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten) und dem Anteil des hinterbliebenen Ehegatten (entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten) am Unterhalt (der Konsumquote) der Kinder. Daraus ergibt sich dann der Unterhaltsentgang des hinterbliebenen Ehegatten, von dem die Witwenpension abzuziehen ist.