07.02.2007 Zivilrecht

OGH: § 18 Abs 1 ECG schließt nicht aus, bei einem entsprechenden Anlass eine besondere Prüfungspflicht des Betreibers des Online-Gästebuchs anzunehmen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Internetrecht, Gästebuch, besondere Prüfungspflicht
Gesetze:

§ 1330 ABGB, §§ 16 ff ECG

In seinem Beschluss vom 21.12.2006 zur GZ 6 Ob 178/04a hat sich der OGH mit der Haftung eines Online-Gästebuch-Betreibers für Eintragungen, die den Tatbestand des § 1330 ABGB erfüllen, befasst:

OGH: Die Beklagte ermöglicht es einem Internet-Nutzer, von ihm eingegebene Informationen im Online-Gästebuch auf ihrer Website zu speichern. Sie ist in diesem Zusammenhang als Host-Provider im Sinn des § 16 ECG anzusehen. Aus § 19 Abs 1 ECG ist abzuleiten, dass das Haftungsprivileg nach § 16 Abs 1 ECG lediglich eine allfällige Schadenersatzhaftung und die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließt und nicht für verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche - etwa nach § 1330 ABGB - gilt.

Eine allgemeine Verpflichtung zu einer Kontrolle des Vorgangs des Einstellens der Beiträge verstieße gegen § 18 Abs 1 ECG und schränkte die Möglichkeiten des freien Meinungsaustausches über Gebühr ein. Dies bedeutet aber nicht, dass der Betreiber des Online-Gästebuchs nicht verpflichtet ist, den Inhalt des Gästebuchs zu überwachen und Beiträge zu löschen, wenn diese Rechte Dritter offensichtlich verletzen. Aus § 16 Abs 1 Z 2 ECG ergibt sich, dass den Betreiber die Verpflichtung trifft, bei Bekanntwerden (offensichtlich) rechtswidriger Inhalte die entsprechenden Beiträge zu entfernen. In diesem Fall kann der Betreiber auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 18 Abs 1 ECG schließt nicht aus, bei einem entsprechenden Anlass eine besondere Prüfungspflicht des Betreibers des Online-Gästebuchs anzunehmen. Eine derartige Pflicht ist - wägt man die widerstreitenden Rechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und auf Ehre und wirtschaftlichen Ruf andererseits ab - angemessen, wenn dem Betreiber schon mindestens eine Rechtsverletzung durch einen Beitrag bekannt gegeben wurde und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen durch einzelne Nutzer konkretisiert.