02.09.2025 Zivilrecht

OGH: Zur „Vorbehaltsregelung“ in der ÖNORM B 2110

Der Werkunternehmer hat auch für als ungerechtfertigt erachtete Skontoabzüge einen fristgerechten, begründeten Vorbehalt zu erklären


Schlagworte: Werkvertragsrecht, Bauvertragsrecht, Abrechnung, Rechnungen, Korrekturen, Abzug, Skonto, Annahme der Zahlung, begründeter Vorbehalt des Werkunternehmers
Gesetze:

 

§§ 1165 ff ABGB, § 1052 ABGB, § 1170b ABGB, Pkt 8 ÖNORM B 2110

 

 

GZ 5 Ob 54/25i, 05.08.2025

 

OGH: Die Vorbehaltsregelung in Pkt 8.4.2 der ÖNORM B 2110 dient im Wesentlichen dazu, möglichst rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen: Die vorbehaltlose Annahme einer Zahlung des Werkbestellers soll Nachforderungen des Werkunternehmers unzulässig machen. Die Bestimmung umfasst (wie schon ihre Vorgängerbestimmungen) insbesondere den Fall, dass der Auftraggeber vom Schlussrechnungsbetrag Abzüge vornimmt und entsprechend weniger bezahlt. Die dreimonatige Frist ist eine materiell-rechtliche; die Erklärung des Vorbehalts muss daher dem Werkbesteller am letzten Tag der Frist zugegangen sein. Die Frage, ob der Werkunternehmer einen ausreichenden Vorbehalt iSd genannten Bestimmung erhoben hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und begründet daher idR keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

 

Hier behauptet die Unternehmerin selbst nicht, dass sie vor dem Beginn des gegenständlichen Verfahrens Skontoabzüge der Bestellerin iSd Punktes 8.4.2 der ÖNORM B 2110 beanstandet hätte, sondern meint, ein solcher Vorbehalt sei nicht erforderlich gewesen. Noch in ihrer Klagebeantwortung hat sie im Übrigen die jeweils zu ihren Teilrechnungen erhaltenen Netto-Zahlungen „unter Berücksichtigung des gewährten Skontos aus den einzelnen Teilrechnungen“ angeführt und erstmals in ihrem vorbereitenden Schriftsatz die ihrer Ansicht nach unberechtigten Skontoabzüge aufgeschlüsselt und dazu erklärt, wann ihrer Ansicht nach bei welchen der Teilrechnungen die Bestellerin (wegen später als vereinbart erfolgter Zahlungen) unberechtigte Abzüge gemacht habe.

 

Sowohl der klare Wortlaut als auch der in stRsp betonte Zweck der Regelung in Pkt 8.4.2 der ÖNORM B 2110 spricht für die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Werkunternehmer auch für als ungerechtfertigt erachtete Skontoabzüge einen fristgerechten, begründeten Vorbehalt zu erklären hat. Nur so kann möglichst rasch Klarheit über die gesamte Abrechnung der Werklohnforderung geschaffen werden. Eine plausible Begründung für ihre Behauptung, dass die Regelung in Pkt 8.4.2 der ÖNORM B 2110 nur „Leistungskorrekturen“ umfasse, vermag die Beklagte nicht aufzuzeigen.