15.03.2007 Zivilrecht

OGH: Die Verletzung der Schutznorm des § 68 Abs 1 Satz 1 StVO steht mit den beim Überholen eines Radfahrers durch ein Kraftfahrzeug entstandenen Schäden im Rechtswidrigkeitszusammenhang


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Straßenverkehrsrecht, Radweg, Straße
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 68 Abs 1 StVO

In seinem Erkenntnis vom 18.01.2007 zur GZ 2 Ob 183/06k hat sich der OGH mit dem Schutzzweck des § 68 Abs 1 StVO befasst:

Ein Mountainbike-Fahrer, der nicht den vorhandenen Radweg benützte, wurde auf einer Straße von einem Auto erfasst.

Dazu der OGH: Bei den das Verhalten der Radfahrer regelnden Vorschriften des § 68 StVO handelt es sich um Schutznormen iSd § 1311 ABGB, deren Zweck nicht nur dem Schutz der übrigen Straßenbenützer, sondern auch der eigenen Sicherheit des Radfahrers dient. Der Schutzzweck der Norm ergibt sich aus ihrem Inhalt. Das Gericht hat das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren, um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den in einem konkreten Fall eingetretenen Schaden verhüten soll. Es genügt, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen zumindest intendiert haben. Nach diesen Grundsätzen kann nicht zweifelhaft sein, dass die Verletzung der Schutznorm des § 68 Abs 1 Satz 1 StVO mit den beim Überholen eines Radfahrers durch ein Kraftfahrzeug entstandenen Schäden im Rechtswidrigkeitszusammenhang steht. Ist doch der aus dem Inhalt der Norm hervorleuchtende Zweck klar darauf ausgerichtet, auf Straßen mit Radfahranlagen Konfliktsituationen aller Art zwischen den Lenkern von Kraftfahrzeugen und Radfahrern und daraus erwachsende Schäden zu vermeiden. Dass der überholende Lenker des Kraftfahrzeuges einen Aufmerksamkeitsfehler zu verantworten hat, begründet sein Verschulden, beseitigt aber nicht den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der vom Kläger übertretenen Norm und den dadurch (mit-)verursachten Schäden.

Nach stRsp obliegt es dem Kläger zu beweisen, dass ihm die objektive Übertretung der Schutznorm nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, etwa weil ihn an der Übertretung kein Verschulden traf.