10.02.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Berufsunfähigkeit - zum Berufsschutz nach § 273 Abs 1 ASVG

Berufe mit weitaus überwiegender technischer Qualifikation und kaufmännische Tätigkeiten bilden unterschiedliche Berufsgruppen, auf die daher wechselseitig nicht verwiesen werden darf; ein Branchenschutz oder gar Tätigkeitsschutz kommt einem Angestellten im Rahmen einer Verweisung nach § 273 Abs 1 ASVG aber nicht zu


Schlagworte: Pensionsversicherung, Berufsunfähigkeit, Berufsschutz, Branchenschutz, Tätigkeitsschutz
Gesetze:

§ 273 Abs 1 ASVG

GZ 10 ObS 160/10t, 30.11.2010

OGH: Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der seit 1976 im landwirtschaftlichen Bereich als Außendienstmitarbeiter für Futtermittel tätig gewesene Kläger sei nicht berufsunfähig iSd § 273 Abs 1 ASVG, weil er aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls noch als Außendienstmitarbeiter in anderen Branchen (Vertrieb bestimmter Waren wie Kosmetika, Kunststoffwaren, Reinigungsgeräte usw) tätig sein könne, entspricht der stRsp. Danach bilden zwar Berufe mit weitaus überwiegender technischer Qualifikation und kaufmännische Tätigkeiten unterschiedliche Berufsgruppen, auf die daher wechselseitig nicht verwiesen werden darf. Ein Branchenschutz oder gar Tätigkeitsschutz kommt einem Angestellten im Rahmen einer Verweisung nach § 273 Abs 1 ASVG aber nicht zu. Die Ansicht des Klägers, es sei ihm nicht zumutbar, als Außendienstmitarbeiter andere Waren als Futtermittel zu verkaufen, steht daher im Widerspruch zur stRsp. Das Berufungsgericht hat auch bereits darauf hingewiesen, dass der Kläger die für den Verkauf der neuen Produkte erforderlichen Kenntnisse nach den Feststellungen im Rahmen einer betriebsinternen zwei- bis fünfmonatigen Einschulung erwerben kann. Diese notwendige Einschulung hält sich somit durchaus im zeitlichen Rahmen dessen, was einem versicherten Arbeitnehmer iSd stRsp als betriebsinterne Ein- bzw Nachschulung und nicht als Umschulung zugemutet werden kann. Durch eine Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb dieser neuen Produkte ginge auch sein Berufsschutz als Angestellter nach § 273 Abs 1 ASVG nicht verloren, weil es sich bei dieser Verweisungstätigkeit um eine seiner bisherigen Tätigkeit völlig gleichwertige Angestelltentätigkeit handelt.

Soweit der Kläger geltend macht, seine Angestelltentätigkeit als Außendienstmitarbeiter für Futtermittel sei für seinen erlernten Beruf als landwirtschaftlicher Facharbeiter berufsschutzerhaltend gewesen und er genieße daher - neben seinem Berufsschutz als Angestellter - auch weiterhin den Berufsschutz als gelernter landwirtschaftlicher Facharbeiter, ist damit für seinen Rechtsstandpunkt im Ergebnis ebenfalls nichts gewonnen, weil ein Versicherter, der mehrfach Berufsschutz als Angestellter und auch als qualifizierter Arbeiter in einem erlernten oder angelernten Beruf genießt, in allen Berufssparten, auf die sich sein Berufsschutz erstreckt, verwiesen werden kann, weil er über vielfältigere Ausbildungen, Kenntnisse und Fähigkeiten als ein nur in einem Beruf tätig gewesener Versicherter verfügt.