OGH: Zur Frage, ob ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 4 StVG auch noch nach Auslieferung an eine Behörde eines anderen Mitgliedsstaates möglich ist
Im Falle einer bedingten Übergabe kann auch noch nach Übergabe vom Vollzug abgesehen werden, denn nach Intention des Gesetzgebers soll eine Maßnahme nach § 26 EU-JZG im Wesentlichen gleiche Rechtswirkungen wie ein inländischer Strafvollzug entfalten
§ 4 StVG, § 26 Abs 3 Z 4 EU-JZG
GZ 12 Os 32/09m, 28.05.2009
OGH: Voraussetzung für ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 4 StVG ist die Auslieferung des Verurteilten an eine ausländische Behörde. Ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 4 StVG ist auch noch nach Beginn des Vollzugs möglich. Voraussetzung für ein Absehen vom weiteren Strafvollzug nach § 4 StVG wegen Auslieferung an ein Mitglied der EU ist eine Übergabe des Auszuliefernden iSd § 1 Abs 1 lit a EU-JZG. Abs 2 leg cit sieht auch während des Aufschubs der Übergabe ein Absehen von der Verfolgung oder der Vollstreckung wegen Übergabe vor. Es trifft nicht zu, dass ein Absehen vom Strafvollzug wegen Auslieferung bei einer bedingten Übergabe nicht in Betracht kommt. Vom Vollzug kann im Falle einer bedingten Übergabe auch noch nach Übergabe abgesehen werden, denn nach Intention des Gesetzgebers soll eine Maßnahme nach § 26 EU-JZG im Wesentlichen gleiche Rechtswirkungen wie ein inländischer Strafvollzug entfalten. Eine während einer bedingten Übergabe im Ausland verbüßte Freiheitsstrafe gilt als ausschließlich im Inland vollzogen; dem österreichischen Vollzugsgericht kommt weiterhin die alleinige Dispositionsbefugnis über die Vollzugsmaßnahme zu. Ein Beschluss nach § 4 StVG beseitigt erst mit Rechtskraft den Aufschubsgrund des § 26 Abs 1 Z 6 EU-JZG. Der rechtskräftige Beschluss ist als "Anordnung" iSd § 26 Abs 3 Z 4 EU-JZG unverzüglich dem Ausstellungsstaat zu übermitteln, womit die Befugnis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Fortsetzung der Haft auf diesen übertragen wird.